Michael Ludwig (SPÖ) verteidigte in der Debatte die Leistungen der Stadt Wien im sozialen Wohnbau. Die Grüne Gabriela Moser kritisierte vor allem die anhaltende Förderung von Autofahrern.

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Soll weniger Geld in Stellplätze und mehr in sozialen Wohnbau fließen? Darüber diskutierten der Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) und die Wohnbausprecherin der Grünen im Nationalrat, Gabriela Moser, unter der Leitung von Gerfried Sperl.

In Wien tragen SPÖ und Grüne gemeinsam die politische Verantwortung. Dennoch sind gerade in der Wohnpolitik zuletzt deutliche Differenzen zwischen den Koalitionspartnern aufgetreten, etwa beim Vorschlag von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, die Mieten bei sieben Euro pro Quadratmeter zu begrenzen, der SPÖ-Politiker wenig abgewinnen können.

Auch in der zwischen dem Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) und der Wohnbausprecherin der Grünen, Gabriela Moser, ausgetragenen Debatte, die beim Wohnsymposium von Gerfried Sperl moderiert wurde, traten bei aller grundsätzlichen Einigkeit Differenzen auf. Moser warf der etablierten Wohnpolitik – ob in Wien und anderswo – vor, noch immer zu viel Gelder in den Autoverkehr und in Parkplätze zu stecken und zu wenig zu tun, um den leistbaren Wohnbau zu fördern. Sogar in  München, auch eine rot regierte Kommune, gebe es eine Widmung für sozialen Wohnbau, in Wien hingegen nicht. Die Förderung von kleineren Smart-Wohnungen sei eine Sackgasse.

Moser: "Wir brauchen ein Siebenschraubendrehprogramm und müssen den ganzen Wohnbau von Grund auf systematisch angehen." Gedreht werden könne etwa neben den Widmungen bei den Grundstückkosten, bei den Finanzierungskosten oder bei den  Bauordnungen. Wohnbauanleihen sollten verstärkt als Pensionsvorsorge dienen, dann würde mehr Geld in den Sektor fließen.

Wien: das Ideal für München

Gerade einen negativen Vergleich mit München ließ Ludwig nicht auf sich sitzen. Mit 220.000 Gemeindewohnungen und einer effizienten Wohnbauförderung sei Wien an der Spitze. "Oder können Sie mir eine Stadt in Europa sagen, die mehr in den geförderten Wohnbau investiert als wir? Der Münchner Oberbürgermeister  Christian Ude sagt immer wieder: Für mich gibt es ein Ideal, und das ist Wien. Die Münchner wären sehr froh, wenn sie unsere Sorgen hätten."

Bei Widmungen für sozialen Wohnbau gebe es verfassungsrechtliche Hürden, betont Ludwig. "Man kann Grundeigentümer nicht dazu verpflichten, Grundstücke zu bestimmten Konditionen zu verkaufen." Dennoch denkt Ludwig in diese Richtung: Er möchte eine Widmungskategorie für förderbaren Wohnbau schaffen, mit der festgeschrieben wird, dass aufgrund der technischen Bedingungen auf einem Grundstück geförderter Wohnbau möglich ist. Dies wäre allerdings vor allem ein psychologisches Signal: "Ob das Grundstück tatsächlich verkauft wird, können wir nicht beeinflussen."

Auf Traditionen besinnen

Das Smart-Wohnungs-Programm sei nicht nur auf kleine Einheiten ausgerichtet, betonte Ludwig. "Smart-Wohnungen sollen nicht automatisch kleiner sein, sondern flexibler und intelligenter konzipiert. Wir haben die Vorgabe an Bauträger und Architekten gemacht, sich der Traditionen des Gemeindebaus der Ersten Republik in Wien zu besinnen und individuellen Wohnraum mit Frei- und Grünräumen zu kombinieren, die allgemein nutzbar sind." Schon vor einigen Jahren hatte Wien mit der Einführung der Kategorie der sozialen Nachhaltigkeit in den Bauträgerwettbewerben die Alltagstauglichkeit und die Leistbarkeit der Wohnungen in den Mittelpunkt gestellt.

Vor allem beim Garagenbau aber scheiden sich zwischen Rot und Grün die Geister. Für Ludwig war es "ganz richtig, die Autos unter die Erde zu verbannen. Damit hat man sich den öffentlichen Raum wiedererobert." Dafür brauche es genügend unterirdische Abstellflächen auch im Wohnumfeld. Von der strikten 1:1-Stellplatzverordnung – einem verpflichtenden Parkplatz pro Wohnung – sei man schon abgerückt, zehn Prozent seien etwa nun für einspurige Fahrzeuge reserviert.

"Gewichtung des Autos reduzieren"

Für Moser aber ist das viel zu wenig. Nötig wäre es, in der Gesellschaft "die Gewichtung des Autos auf das richtige Maß zu reduzieren", und dafür müssten die öffentlichen Förderungen für Pendler, Straßenbau, spritfressende Autos, die Versiegelung der Landschaft und auch für Stellplätze eingestellt werden. Autofahrer müssten die Kosten fürs Parken allein tragen.

Politisch sei das jedes Mal eine Mutprobe, räumte Moser ein. Bei der Reform der Stellplatzverordnung sei die Linzerin schon bei ihrem oberösterreichischen SP-Wohnbaulandesrat Hermann Kepplinger auf Granit gestoßen, erzählte sie. Aber zurückstecken dürfe man hier dennoch nicht.

Kostenschere unter der Erde

Moser: "Autos unter die Erde zu bringen, ja, aber um welchen Preis? Die wirtschaftlichen Kosten eines Stellplatzes betragen 80 bis 90 Euro pro Monat, doch es darf nicht mehr als 50 Euro kosten. Die Differenz muss von der Wohnbauförderung ausgeglichen werden, und vor diesem Dilemma stehen wir nach wie vor. Hier muss ordnungspolitisch durchgegriffen werden. Es ist eine Schikane, dass in vielen Wohnungen die Kinderzimmer weniger Fläche haben als die Stellplätze." Ihr Appell: "Weg mit dem Geld für die Autoabstellförderung und hin zum Grundbedürfnis Wohnen." (ef, DER STANDARD, 27.2.2013)