London/Paris - Ist man im Mutterleib hohen Dosen von Testosteron ausgesetzt, hat dies offenbar Auswirkungen auf das spätere Sozialleben. Französische Forscher berichten in den "Biology Letters" der britischen Royal Society, dass das Hormon im späteren Leben das Vertrauen in andere Menschen negativ beeinflusst. Dadurch steige allerdings nicht, wie früher angenommen, die Fähigkeit der Menschen, Betrug oder wenig vertrauenswürdige Personen zu erkennen.

Wie viel Testosteron ein Baby im Mutterleib abbekommen hat, lässt sich nach früheren Studien für den Rest des Lebens an den Fingern erkennen, und zwar am Längenverhältnis von Zeige- zu Ringfinger. Ist das Verhältnis klein, war die Testosteron-Dosis im Mutterleib höher als bei einem großen Verhältnis. Das Team um Wim De Neys von der Université Paris Descartes bat nun 144 Studentinnen in einem Experiment Geld zu investieren. Sie sollten Fotos betrachten und dann entscheiden, ob sie dem abgebildeten Menschen Geld geben würden.

Vertrauenswürdige Gesichter

Die Menschen auf den Fotos waren Teilnehmer einer vorherigen Studie. Darin sollten diese selbst angeben, wie viel Geld sie an den Investor zurückzahlen würden. Die Investoren wussten von der Entscheidung der Empfänger natürlich nichts. Die Forscher gingen aber davon aus, dass subtile Hinweise im Gesicht der Menschen vermeintlich Auskunft über ihre Vertrauenswürdigkeit liefern und dass die Investoren diese Hinweise unbewusst lesen können.

Ergebnis: Die Investoren zahlten tatsächlich eher an die Empfänger Geld, die sich bereit erklärt hatten, Geld zurückzuzahlen als an solche, die alles behalten würden. Sie konnten die Zeichen also scheinbar lesen. Dabei vertrauten die - allesamt weiblichen - Investoren Frauen mehr als Männern. Das eigentlich Erstaunliche aber war, dass Investoren mit einem geringeren Verhältnis von Zeige- zu Ringfinger - und damit mit einer hohen Testosteron-Dosis im Mutterleib - grundsätzlich misstrauischer waren. Sie konnten die Vertrauenswürdigkeit aber nicht generell besser einschätzen. (APA/red, derStandard.at, 02.03.2013)