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Der frühere Leiter der Finanzabteilung des Landes, Hofrat Eduard Paulus, vor dem Salzburger U-Ausschuss.

Foto: apa/Neumayr

Salzburg - Am vierten Tag der Zeugenbefragungen im Untersuchungsausschuss zur Klärung des Salzburger Finanzskandals stand der Leiter der Finanzabteilung, Hofrat Eduard Paulus, Rede und Antwort. In seinem Eröffnungs-Statement wies der 61-Jährige am Dienstag erneut jede Schuld von sich und rückte die entlassene Referatsleiterin Monika Rathgeber quasi als Einzeltäterin in den Mittelpunkt der Malversationen.

Als Leiter der mit rund 125 Mitarbeitern sehr großen Finanzabteilung hätte man unmöglich von ihm erwarten können, die Post des Budgetreferates zu lesen oder jedes Einzelgeschäft zu prüfen, betonte der zwischenzeitlich suspendierte aber inzwischen wegen eines Formalfehlers wieder in den Dienst gestellte Beamte. Die Kontrolle an sich sei beim Bundes- und Landesrechnungshof, in der Buchhaltung und beim Finanzamt angesiedelt.

"Hofrat kann nicht gegen Willen des Ressortchefs berichten"

Auch den schon mehrfach geäußerten Vorwurf, er und Rathgeber hätten am 28. November 2012 den Budgetausschuss des Landtags nicht über die damals bereits bekannt gewordenen Probleme informiert, wies Paulus zurück: Nur der Ressortchef entscheide, welche Informationen an politische Gremien weitergegeben werden. "Der Hofrat kann nicht gegen den Willen des Ressortchefs an Gremien berichten." Finanzreferent und Landeshauptfrau-Stellvertreter David Brenner (SPÖ) habe vorgegeben, im Ausschuss nicht über den Verdacht zu berichten, "weil wir wussten den Wahrheitsgehalt ja noch nicht".

Nach dieser allgemeinen Aussagen ging Paulus dann auf den Finanzskandal an sich ein. Ende 2011 habe man festgestellt, dass es mit abgeschlossenen Range-Accrual-Swaps Probleme geben könne, und spätestens Anfang 2012 sei klar gewesen, dass keine derartigen Geschäfte mehr abgeschlossen werden dürfen. Rathgeber sei mit dieser Linie aber "nicht sehr einverstanden" gewesen, weil man sich ihrer Meinung nach damit höhere Zinsen hätte sparen können. Als sie dann im Mai erneut einen Range-Accrual-Swap verlängert habe, sei es zu einer strengen Ermahnung gekommen.

Storno per SMS

Als im Juli erneut ein derartiges Geschäft bekannt wurde, hätten er und Brenner beschlossen, ein Exempel zu statuieren und das Geschäft rückgängig zu machen. Noch am selben Tag seien sie dann von einem Mitarbeiter informiert worden, dass Rathgeber jetzt "vollkommen spinne", weil sie per SMS die Auflösung stornieren wollte. Er selbst habe dann in Frankfurt das Geschäft gestoppt und mitgeteilt, dass Rathgeber über keine Vollmachten mehr verfüge. Brenner habe der Referatsleiterin daraufhin sämtliche Vollmachten entzogen, wenig später sei Ratgeber durch Personal-Landesrat Sepp Eisl (ÖVP) auch beurlaubt worden.

Aber schon nach Rathgebers Urlaub sei klar geworden, dass sie nicht mehr in ihre alte Funktion zurückkehren könne, weil sie "sehr erbost" und "stockbeleidigt" gewesen sei. Als dann ihr Nachfolger Harald Kutschera schon nach wenigen Tagen 253 nicht gemeldete Derivate entdeckte, sei der Schock sehr groß gewesen. Kutschera habe innerhalb von drei Wochen alle Geschäfte aufgelöst, das Portfolio sei danach doppelt so hoch und das Risiko minimiert gewesen.

Manipulierte Protokolle

Bei der Vorbesprechung zum Budgetausschuss des Landtags am 26. November 2012 sei Rathgeber von Brenner "hart" zur Rede gestellt worden. Dort habe die Referatsleiterin gestanden, ihre Vorgesetzten nie voll über das Ausmaß der abgeschlossenen Derivate informiert und seit 2007 nicht alle Geschäfte an die Deutsche Bank gemeldet zu haben. Rathgeber selbst weist das Wort Geständnis massiv zurück.

Völlig unterschiedlich zu Rathgeber äußerte sich Paulus auch in Sachen manipulierter Protokolle: Die Referatsleiterin hatte inzwischen mehrmals betont, Paulus gefragt zu haben, ob sie Passagen streichen solle, die einen ungünstigeren Rechnungshof-Bericht zur Folge haben könnte. Der Hofrat selbst sagte am Dienstag, er sei erstmals am 5. Dezember von einem Mitarbeiter auf offensichtlich veränderte Protokolle aufmerksam gemacht worden.

Paulus entschlug sich der Aussage

Paulus wollte sich vor dem U-Ausschuss nicht zu seinem eigenen Vorwurf äußern, ÖVP-Chef Wilfried Haslauer und Landesrat Sepp Eisl (ÖVP) würden an einer "politischen Intrige" gegen die SPÖ mitwirken, um die Wahl zu gewinnen. Sein Anwalt legte ihm nahe, dazu vor dem Hintergrund einer möglichen Verleumdungsklage nichts zu sagen.

Dezidiert in Abrede stellte er die Behauptung der entlassenen Referatsleiterin Monika Rathgeber, er habe sie mit den Worten "Wenn du dich traust" zu einer Änderung der Protokolle des Finanzbeirats animiert. Er werte die Aussagen Rathgebers zu weiten Teilen als Schutzbehauptungen. Er selbst habe von einer Änderung der Protokolle erst am 5. Dezember 2012 erfahren.

"Fonds unterlag Richtlinien"

Die Richtlinien für das Finanzmanagement hätten selbstverständlich auch für den Landeswohnbaufonds und den Versorgungs- und Unterstützungsfonds (VUF) des Landes gegolten, widesprach er den Aussagen Rathgebers. "Wenn im VUF Derivate abgeschlossen werden, muss das in den Portfolio-Bericht hinein. Ich hätte angenommen, dass derartige Geschäfte gemeldet worden wären."

Dass er eine Prüfung des VUF durch den Landesrechnungshof abgewendet habe, wollte Paulus am Dienstag nicht gelten lassen. "An ein solches Gespräch kann ich mich in keiner Weise erinnern, ich hätte auch keinen Grund gehabt, eine Prüfung zu verweigern." Er sei davon ausgegangen, dass der Fonds jedes Jahr vom Landesrechnungshof geprüft wurde. "Er war ja Teil des Rechnungsabschlusses."

"Richtlinien wurde nicht eingehalten"

Kurz in Erklärungsnotstand kam Paulus, als er darauf angesprochen wurde, dass laut Richtlinien auch einzelne Derivatgeschäfte mit mehr als 20 Millionen Euro Nominale seiner Bewilligung bedurft hätten. "Streng genommen, wurden die Richtlinien wahrscheinlich nicht eingehalten." Laut einer Anfragebeantwortung der Grünen hatte von 50 Einzelgeschäften nur eines eine Nominale von unter 20 Mio. Euro.

Zur zweimaligen Anwesenheit David Brenners (SPÖ) bei Sitzungen des Finanzbeirats - die ÖVP wertet das als Zeichen, dass der ehemalige Finanzreferent von riskanten Geschäften und Verlusten informiert war - sagte Paulus: "Brenner war auf informeller Basis einmal bei einer Vorbesprechung und einmal nicht die ganze Zeit dabei. Er sprach sich dabei für eine Reduzierung des Risikos aus."

"Jour fixe" mit Brenner

Etwa zehn Mal im Jahr habe es auch einen "Jour fixe" mit dem Ressortchef gegeben. "Das war ein Gesamtüberblick, über Einzelgeschäfte wurde nicht gesprochen. Es ging um Marktentwicklung, Risikostrategie und eine Prognose." Brenner habe auch nie die Anweisung gegeben, Einzelgeschäfte aufzulösen.

Über die Entwicklung der Finanzen des Landes sei einmal im Jahr vor Beginn der Budgetausschussberatungen auch der ÖVP-Klub informiert worden. Ein "Verbindungsoffizier zur ÖVP", so wie das die SPÖ am Dienstag formulierte, sei er nicht gewesen, so Paulus. "Das ist zu viel der Ehre."

Zur Warnung Rathgebers vor für das Land ungünstigen Entscheidungen des Finanzbeirats meinte Paulus: Sie habe dazu nie schriftliche Analysen vorgelegt. "Wenn Frau Rathgeber von Verlusten sprach, meinte sie immer zukünftig entgangene Gewinne. Das sind Hausnummern, die nicht nachvollziehbar sind. Worüber sie nicht spricht, ist, dass sie uns jahrelang belogen hat."

Paulus: Absicherungstopf allen bekannt

Paulus hat zudem bei seiner Aussage betont, dass der abwechselnd als Reserve-, Haushalts- oder Sicherheits-Swap bezeichnete Absicherungstopf der Abteilung sei "allen" im Land bekannt gewesen. Diese Geschäfte der Finanzabteilung hatten mit Ende 2012 bei einem Volumen von 1,4 Mrd. Euro immerhin einen Marktwert von 327 Millionen Euro. Gewinne des Topfs flossen dabei aber offenbar nur in bescheidenem Ausmaß und recht willkürlich in den Haushalt des Landes. Und es stellt sich die Frage, ob man mit den Mitteln nicht hätte Schulden tilgen können.

"Es war allen klar, dass wir einen Sicherheits-Swap haben", sagte Paulus vor dem U-Ausschuss knapp. Was konkret "alle" heißt, wollte ein Abgeordneter daraufhin wissen. "Damit habe ich nicht alle Menschen und Tiere gemeint, sondern alle Mitglieder der Landesregierung und alle Mitglieder des Landtages." (APA, 26.2.2013)