Berg, Baum und Tier: Ein Hauch von Anden-Feeling. Lama- und Alpaka-Wanderungen werden auch in Österreich angeboten.

Foto: Katsey featuring Mr. Horse

Begonnen hatte alles mit vertrauten Skitouren im Naturschutzgebiet des malerischen Gontals - und natürlich mit einer guten Idee. "Warum sich den schweißtreibenden Rückmarsch von der urigen Pritzhütte hinauf auf die Katschberghöhe nicht ersparen?", überlegte der Kärntner Andreas Neuschitzer an einem dieser herrlichen Wintertage. "Wenn auf meiner Hütte doch kräftige Noriker-Rösser herumstehen?" Mittlerweile ist das sonderbare Dreiergespann, das sich aus dieser Überlegung ergab, ein vertrauter Anblick - und das gilt erst recht für Familien, die nun am Seil des Katschberger Pferdelifts hängen.

Um eine eigenwillige Gesellschaft handelt es sich allemal: Vorne traben die kräftigen Rassepferde. Dahinter gleiten Skifahrer, die sich mit zwei PS den Katschberg hochziehen lassen und sich so die Kraft für die herrlichen Hänge des Tschaneck aufsparen. Vier Kilometer weit traben die Zweiergespanne durch den weichen Schnee. Mit bis zu vierzehn Personen am Zugseil ist das kein Klacks. Leichter geht es mit Kindern im Schlepptau - die mit dem Pferdelift in der Regel viel Spaß haben.

Traben im Zweiergespann

Per Pferdelift zum Familienurlaub? Oder doch lieber auf ein anderes Leihtier setzen? Auch in Österreich erweitern solche Fragen eine Ferienperspektive, die sich keinesfalls auf Ponyfrisuren und Reithöfe beschränkt. Dem Glück der Erde kann man auch im Geleit anderer Tierrassen näherkommen. Wobei das mit dem Kommen so eine Sache ist, zumindest im Fall der drei Lamas, mit denen sich Horst Kuster eine Art Alterstraum erfüllt hat.

"Manchmal muscht du halt schon ein bischchen ziehen", sagt der Montafoner und hängt sich selbst ein wenig in die Zügel. Prinzipiell sind Lamas freundliche Tiere. Das Sympathische an ihnen: Sie spucken, aber sie sind keine Schleimer. Lieb und flauschig sein und das Gepäck der anderen schleppen - ja, klar, gerne, geht. Das heißt, solange es ihnen gefällt. Denn auch stur können die Anden-Tragetiere sein. Und dann sind sie mehr Esel als Kamel.

Ein Lama ist kein Haustier

"Ein Lama ist kein klassisches Haustier, das sich so ohne weiteres zähmen lässt", erklärt der Llamero vom Vorarlberger Bartholomäberg. Anfänglich hatte er sich sogar mit den Tieren schlafen gelegt, um so das Vertrauen seiner fünf Lamas zu gewinnen. Ein wenig reserviert bleiben sie trotzdem. Aber auch perfekt für ausgedehnte Trekking-Touren, wo sie wegen ihrer betont ruhigen, um nicht zu sagen: stoischen Art, wohl auch wegen des flauschigen Fells, bei gehfaulen Kindern wahre Motivationsschübe bewirken.

Horst Kuster ist keineswegs der Einzige, der Österreichs Alpen einen kindergerechten Hauch von Anden-Feeling verleiht. Familienfreundliche Lama- und Alpaka-Wanderungen werden auch im benachbarten Bregenzerwälder Ort Au, im steirischen Hirschegg, in Pfaffstätten bei Baden, im Tiroler Karwendeltal oder in Kaprun/Salzburg angeboten - nicht zuletzt im Rahmen tiergestützter Pädagogik.

Animalische Freundschaft

Kinderurlaub mit Tieren - da ist auch der Bauernhof nicht wirklich weit. Über die pädagogischen Vorzüge der animalischen Freundschaft muss an dieser Stelle nicht allzu viel erzählt werden, sie ist allgemein bekannt. Zahllose Streichelzoos und Projekte wie "Schule am Bauernhof" verweisen auf die Bodenständigkeit dieser althergebrachten Allianz. Aber nicht nur. Denn man muss keineswegs Soziologe sein, um die Sehnsucht nach der agrarischen Lebensform, bei der die Nähe und Pflege von Tieren eine wesentliche Rolle spielt, zu realisieren. Um sie zu verstehen, reicht es bereits, ein wenig Couchpotato zu spielen. Millionen Kinder - und stadtmüde Eltern - ernten im Online-Spiel "Farmville" Karotten, misten Ställe aus, kaufen Futter für ihre virtuellen Tiere.

Den Trend zur Arbeit am Bauernhof als Urlaubsform haben österreichische Betriebe schon seit längerem erkannt, und sie binden gezielt Kinder und Jugendliche mit ein. Einer davon ist das "Bergdorf der Tiere" in der Salzburger Ferienregion Hochkönig. Sogar ein eigener "Tag der offenen Stalltür" wurde hier eingeführt, während Erlebnisbauernhöfe und -almen ebenfalls Lust auf Land(tier)liebe machen. Besonders innig auf der Dientalm, wo es jede Menge zu tun gibt: Kühe melken, Kälber füttern, Ziegen hüten zählt zweifellos dazu.

Quintessenzielles Rentier

Die Nähe zum Tier lockt aber auch in der Ferne: Kamel-Trekking im indischen Rajasthan, Besuch des Elefanten-Waisenhauses im srilankischen Pinnawala, auf breitem Jumbo-Rücken durch den nepalesischen Chitwan-Nationalpark cruisen, allesamt Momente, die Kinder später vom Traumurlaub schwärmen lassen. Tiernähe beweist aber auch Europa: Da wäre etwa Rudolf, das quintessenzielle Rentier, das Familien im tief verschneiten finnischen Lappland auf tiefliegenden Schlitten durch Nadelwälder und Richtung Blaubeersuppe zieht. Herzerwärmend, gewiss. Milder fällt trotzdem der Trip in die südfranzösischen Cevennen aus, wo das Wandern mit Eseln als Packtiere auf Anhieb zum Family-Urlaub-Renner wurde.

Oder zumindest zum spektakulären Hatscher. Er führt - übrigens entlang der historischen Marschroute des Schriftstellers und Esel-Wanderpioniers Robert Louis Stevenson - über Hochflächen mit markanten Gesteinsformationen, vorbei an Schluchten, Bergruinen und über malerische Brückchen. Auf den Kuschelfaktor Grautier setzen heute auch andere französische Regionen. In der Provence und in der Pyrenäenregion spazieren Esel mit ihren neuen Freunden durch die Heide, und in den französischen Seealpen helfen die Packtiere, bis zu 40 Kilo Gepäck auf 3000 Meter Seehöhe zu schleppen. Oder auch nicht. (Robert Haidinger, Family, DER STANDARD, 5.3.2013)