Die Königin ist tot, es lebe das Popsternchen: Hayden Panettiere singt und tanzt in "Nashville" ein Lied auf den gnadenlosen Generationswechsel.

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Wien - Es läuft nicht gut für die "Queen of Country". Die neue CD verkauft sich mäßig, das Publikum kommt nicht mehr zu den Konzerten, und so schnell kann Rayna James (Connie Britton) gar nicht schauen, steht die Plattenfirma vor der Tür mit einem Vorschlag, der keiner Zustimmung bedarf, weil er ohne Alternative ist: eine Jüngere soll die einst erfolgreiche Sängerin ablösen. Dass früher Erfolg nicht unbedingt den Charakter schönt, beweist die Gegenspielerin Juliette Barnes (Hayden Panettiere): Ein Popsternchen, frisch aus der Retorte, mit glockenheller Mädchenstimme und sicherem Geschäftssinn, steht parat und wartet ungeduldig, bis die Königin endlich tot ist. Doch auch Juliette hat ihre tragischen Geschichten und trauert der freiwillig aufgegebenen Authentizität in geheimen Momenten nach.

Der Wiege der Countrymusic ist ein Kind entwachsen, das sich zum unkontrollierbaren Monster entwickelt hat. Das ist die These von "Nashville", erfunden von "Thelma & Louise"-Autorin Callie Khouri, zu sehen auf DVD und ab Dienstagabend auf dem Abokanal Fox im Angebot von Sky. Schnöder Mammon beherrscht das Musikbusiness, und mit aller Kraft müssen die "alten" Vertreter der Qualität gegen die niederträchtigen Schergen des Kapitals antreten.

Im Herzen der USA

Das Schundige hinter dem Glamour des US-Showgeschäfts ist derzeit beliebter Aufhänger im Serienkosmos. "30 Rock" mit den irrwitzigen Chaosmanagern Tina Fey und Alec Baldwin ist voller Seitenhiebe gegen die US-Fernsehunterhaltung. Absurditäten im Leben von Menschen, deren Selbstachtung sich nach Marktwerten berechnet, hält Entourage bereit. Das Lotterleben längst überwunden geglaubter Sex-and-Rock-'n' -Roll-Exzesse zelebriert Californication.

"Nashville" trifft mitten ins Herz des Musikgeschäfts. Countrymusic ist in US-Kleinstädten, deren Bewohner über Durchschnittsgewichte jenseits der hundert plus verfügen, ein guter Freund beim Mampfen von Burger und Pommes. Am Image dieser Frohnaturen zu kratzen ist, als würde man in Österreich die Vertreter volkstümlicher Musik als geldgierig, intrigant oder gar von Genussmitteln abhängig zeigen. Die ernüchternde Realität bleibt ausgespart, die Helden der Heimat und ihr Bild der Unschuld der Alm sind unantastbar. Im Gegensatz dazu geht "Nashville" tüchtig zur Sache, um das Idyll der heilen Welt im Land der unendlichen Möglichkeiten mit Westernboots im Staub auf immer zu zertreten.

In "Nashville" geht es aber nicht nur um die Frage, was aus dem guten alten Rock 'n' Roll wurde, sondern auch darum, was mit den Idealen eines Kontinents passiert ist, die sich inzwischen ausschließlich an Finanzinteressen orientieren. Der größte Bösewicht der Serie ist der Multimillionär, ein Bonze, der die Geschicke der Stadt nach Eigeninteresse kontrolliert. Das hat nicht die realistische Kraft von David Simons "Treme", bietet aber einem sorgfältig entwickelten Ensemble eine abwechslungsreiche Bühne. Freunde zeitgemäßer Interpretationen mit Fiedel und Klampfe kommen so und so auf ihre Kosten. (Doris Priesching, DER STANDARD, 25.2.2013)