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Freut sich über den Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film: Michael Haneke. 

Foto: apa

Los Angeles / Wien – Drei Jahre nach der Nominierung mit Das weiße Band hat es jetzt geklappt: Michael Haneke hat für Amour, sein virtuoses Kammerspiel um Hinfälligkeit und Liebe Sonntagabend in Los Angeles den Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film erhalten. Sensationell ist daran nicht nur, dass der Regisseur es überhaupt innerhalb so kurzer Zeit ein zweites Mal auf die Shortlist der fünf Kandidaten schaffte, sondern auch, dass der Film von den Mitgliedern der Academy of Motion Picture Arts and Sciences außerdem in vier weiteren Hauptkategorien aufgestellt war.

Der Umstand, dass Haneke dabei gleichauf mit US-Größen wie Spielberg, Tarantino, Bigelow oder dem späteren Regiepreisgewinner Ang Lee rangierte, spiegelt allerdings auch jene breite Rezeption und Wertschätzung, die Amour bereits vor den Oscars erfahren hatte: In Jahresbestenlisten war er vielerorts stark präsent – ein Underground-Veteran wie John Waters zeigte sich (in seinen Artforum-Charts) für den Film genauso empfänglich wie Filmkritikerzirkel beiderseits des Atlantiks, von Boston bis Washington.

Das kann man auch einer allmählichen Abkehr des Filmemachers von der strengen Ausschließlichkeit seiner früheren Filme zurechnen, die gleichwohl immer schon außerhalb der Landesgrenzen wahrgenommen wurden: Bereits der erste Kinofilm, Der siebente Kontinent von 1989, wurde in die Quinzaine des réalisateurs des Festivals von Cannes eingeladen. Das Debüt, das den emotionalen wie buchstäblichen Einschluss einer österreichischen Kleinfamilie begleitet, hatte hierzulande 6000 Kinozuschauer.

Es positionierte den Filmemacher jedoch umgehend als einen jener profilierten "Autoren", die Haneke selbst noch 2013 am Fragebogen für Nominierte der Academy als Favoriten nennt. Mit dem Schlagwort von der "emotionalen Vergletscherung" war außerdem bald für jene Trademark gesorgt, mit der Haneke lange assoziiert werden sollte.

Sprung nach Frankreich

In den Nuller-Jahren folgte ein entscheidender Schritt in Sachen Internationalität: Haneke arbeitete bei Code inconnu erstmals in Frankreich. Es folgte die Adaption von Elfriede Jelineks Die Klavierspielerin – mit französischem Cast um Hauptdarstellerin Isabelle Huppert in den Rosenhügelstudios gedreht und bis dato der kommerziell erfolgreichste Film Hanekes, dem Amour diesen Rang allerdings nunmehr streitig macht.

Die Klavierspielerin bescherte Haneke beim dritten Antreten im Hauptwettbewerb von Cannes den Großen Preis der Jury und darüber hinaus erstmals Nominierungen bei den britischen Baftas und beim Europäischen Filmpreis (der 2001 im Zeichen von Die fabelhafte Welt der Amélie stand; Huppert wurde dennoch zur besten Darstellerin gekürt).

Während die Endzeitparabel Wolfzeit im Schatten des übrigen Oeuvres verbleibt, zeichnete sich mit dem intellektuellen Thriller Caché 2005 schließlich jener Übergang zum international orientierten, dabei stets klar profilierten Kino ab, welches Haneke seither konsequent ausbaut.

Die Popularität des spröden 70-Jährigen hat mittlerweile auch überraschende Effekte: Nicht nur Stermann und Grissemann verkürzten die Wartezeit bis zum Oscar in ihrer TV-Show mit einer Haneke- (und Waltz-)Parodie. Seit Ende 2012 existiert auch ein Twitter-Account unter dem Namen des Regisseurs, der inzwischen eine Gefolgschaft von fast 30.000 unterhält. Aktueller Gegenstand – natürlich die Oscar-Nacht und Kommentare wie dieser: "yaaay i wins!!1! sory 2 the othr foreign nominees wotevr their calld agen lol" (Isabella Reicher, DER STANDARD, 26.2.2013)