Wäre da nicht dieser Herd gewesen, das Leben wäre ganz anders verlaufen. 195 Kilogramm, räumlich recht konzentriert und mittelgut fixiert auf einem ungebremsten Leichtanhänger. Sonst hätte es mich wohl noch lange nicht ins relativ neue, ziemlich aufwändig und eher nicht billig ein- und hergerichtete Brauhaus der Freistädter verschlagen. Weil ich 1. doch eher selten in Freistadt bin, und viel zuwenig in Oberösterreich, wie Schmeck's-Leser wissen, weil ich schon viel zuviel Lebenszeit in Gasthofbrauereien verbracht habe und die wenigsten so wirklich gut waren (zuletzt leider auch Stiegl nicht, sorry). Und weil ich 3. schon mindestens 20 Jahre kein Bier mehr trinke.

Springlebendig im Antrunk

Umso einfacher ist es der Brauerei, mich zu befremden. Was les ich da auf Herrn Grabenwegers "Rotschopf"-Flasche? "Springlebendig im Antrunk" zum Beispiel. Und "feine Aromen auch im Kuss". Mir erschien Bier ja bisher schmusetechnisch nicht so als der Bringer, es sei denn, ich bin wirklich schwerstens in eine Biertrinkerin verliebt. Oder einen Biertrinker, wenn's denn sein muss. Aber gut, Sie werden jetzt sagen, die Weinlyrik der Verkostungsprofis liest sich ja auch des Öfteren ziemlich albern. Da kann ich Ihnen nur beipflichten.

Aber wenn wir jetzt vom Bier und seinem Romantikfaktor absehen: Was ich im Brauhaus so gekostet habe und beim Kosten beobachtete, lohnt die Anreise aus ferneren Regionen eher nicht, jedenfalls nicht zwingend. Mehr dazu gleich bei den Bildern - sind nicht berühmt, weil wieder einmal von Fidlers Körpertelefon, aber durchaus anschaulich, fand ich.

Da hätt ich schon spannender gefunden, ein paar Kilometer von der gut ausgebauten Bundesstraße abzuzweigen "Zum Edi" nach Gutau, den uns der nun endlich auch als App vorliegende Slow Food Guide von Severin Corti und Georges Desrues etwa empfohlen hätte. Allein, der Lohberger, seine 195 Kilo und der Anhänger ließen uns einhellig vor intensiveren Kurvenfahrten absehen. Ich werd's schon noch nach Gutau schaffen - für die Fohlenspezialitäten-Wochen jeweils im September und Oktober waren wir eh zu spät und zu früh gleichermaßen dran.

Säue säumten ihren Weg

Aber immerhin, einen Slow-Tipp schafften wir noch nach geglücktem Landeanflug des Ofens: Kuchlmühle (Kuchlmühle 4 im Naarntal, Windhaag bei Perg). Schon wegen des Satzes: "Die 85-jährige Seniorchefin geht noch selbst auf die Jagd." Wir haben sie kennengelernt, sie hat uns das bestätigt. Wär auch schwer abzustreiten bei den vielen Trophäen an den Wänden. Wie dem Eber aus Wösendorf laut Untertitel "Mein Fünfundzwanzigster" - und das war 1967. Säue säumten ihren Weg. Halt leider jetzt grad nicht.

Dafür verkostete die Schmeck's-Neigungsgruppe Grenzwirtig zwei wirklich wunderbare, räucherwarme Forellen, die allein schon den Weg in diesen etwas schattigen Winkel der Welt lohnen. Ein Schnitzel, wie es gehört - wobei ich das ja als Mitglied der Abneigungsgruppe Panier nicht so genau weiß, aber Grabenweger und Schell müssen das wissen. Und ich glaub ihnen - vor allem nach einem wirklich schönen, saftigen Kostbissen. Saftigst auch der Surbraten - selten so gerne gegessen.

Und wenn ich dann im Herbst schon zum Edi reite, wird Frau Seniorwirtin ja hoffentlich was Wildes geschossen haben. Wir sehen uns.

Das Beef Tatare im Freistädter Brauhaus durchaus anständig, ja sogar recht gut, schließe ich aus dem Blick von Frau Schell. Ich sah sie freilich schon begeisterter.

Foto: Harald Fidler

Mein Fischteller nach Faschingsausklang mit Matjes und Lachs anständig, aber kein Grund, so weit ins Oberösterreichische zu stechen. Und die Krensuppe war vor allem obersig, wie es bei Schmecks so gern und oft kritisiert heißt.

Foto: Harald Fidler

Kein Schmus, diese Bierbeschreibung. Finde ich Bierbanause.

Foto: Harald Fidler

Der Schweinsbraten war schon sehr in Ordnung, sein Saft sogar ein bisschen mehr als das, aber die Knödel müssen die Freistädter noch üben, fanden wir.

Foto: Harald Fidler

Insbesondere den Speckknödel mit beinhartem Ei-Spitzerl sollte man vielleicht noch überdenken - eher eine sehr trockene Angelegenheit. Der Schweinsbraten in der Pfanne, die sich nach der Gründung der örtlichen Braucommune 1777 nennt, wiederum sehr okay. Am erfreulichsten im Sammelpfandl: Leberwurst. Die Blutwurst indes schien mir ein bisserl trocken.

Foto: Harald Fidler

Die Lederhose darf natürlich nicht fehlen in einem Brauhaus. Oder?

Foto: Harald Fidler

Schwer chic: Der Empfang der Brauerei.

Foto: Harald Fidler

Jenseits des Brauhofchics - handgefertigte Tischdeko in der Kuchlmühle (Kuchlmühle 4 im Naarntal, Windhaag bei Perg). Mit ewigen Wahrheiten in einem kühlen Winkel der Welt.

 

Foto: Harald Fidler

Wirklich, wirklich erfreulich: geräucherte Forelle in der Kuchlmühle.

Foto: Harald Fidler

Schießfreudige Wirtin, unverkennbar.

Foto: Harald Fidler

"Mein Fünfundzwanzigster" - und das war schon 1967. Das nächste Mal will ich aber auch Wild essen, bittschön!

Foto: Harald Fidler

Doppelt hält besser bei den Beilagen: ein vorbildliches Schnitzel, dazu Reis und Erdäpfel.

Foto: Harald Fidler

Auch zum schönen Surbaten ein Erdapfel und auch gleich ein ausgesprochen kompakter, aber nach meinem dilettantischen Befund vorbildlicher Erdäpfelknödel.

Foto: Harald Fidler

Und weil man nie genug Weisheiten für's Leben auf Lager haben kann: Hier noch eine aus der Kuchlmühle.

 (Harald Fidler, derStandard.at, 26.2.2013)

Foto: Harald Fidler