John Rose: "Menschen sind praktisch veranlagt. Wenn das Angebot gut ist, dann steigen sie gerne auf öffentliche Verkehrsmittel um. Sogar in Katar."

Foto: Msheireb

Anders als noch vor zehn Jahren spielt nachhaltige Architektur in Katar heute eine große Rolle, ist John Rose, Chefarchitekt bei Msheireb Properties, überzeugt. Wojciech Czaja stellte die Fragen.

STANDARD: Viele Projekte im arabischen Raum werden derzeit als grün propagiert. Was ist Marketing-Schmäh? Was ist echt?

Rose: Die Menschen sind sehr kritisch, was die Projektentwicklungen im arabischen Raum betrifft. Doch die Wahrheit ist, dass die arabischen Länder in kürzester Zeit aufgeholt und ein hohes Level an Architekturqualität und Stadtentwicklung erreicht haben. Ich selbst lebe seit fast zehn Jahren in Katar. Und ich habe die Entwicklung hautnah miterlebt: von null Bewusstsein zum allmählichen Bestreben, nachhaltige Städte bauen zu wollen.

STANDARD: Ist das Bewusstsein bereits in der Bevölkerung angekommen, oder ist es noch Investorensache?

Rose: Nirgendwo sonst ist das Thema Klima- und Umweltschutz so nah am Kunden wie bei der Mülltrennung und -entsorgung. Derzeit wird in Katar eine große Recycling-Anlage errichtet. Ich denke, dass sich damit die Einstellung langfristig ändern wird. Auch in Downtown Doha wird Mülltrennung eine große Rolle spielen. In den Wohnungen und Büros wird es ein Vakuum-Müllentsorgungssystem mit Einwurföffnungen für Papier, Kunststoff, Metall, Restmüll etc. geben.

STANDARD: Auf den Renderings sieht man Straßencafés und Menschen im Park. Wie soll das funktionieren bei 50 Grad im Sommer?

Rose: Es gibt in arabischen Ländern seit einiger Zeit das Bestreben, den öffentlichen Freiraum wieder nutzbar zu machen. Es gibt viele Möglichkeiten, das zu tun. Wir arbeiten mit Eigenverschattung der Gebäude, mit Wasserflächen und mit einer Gebäudegeometrie, die sich den Windkanaleffekt zunutze macht.

STANDARD: Downtown Doha soll autofrei bleiben. Wie?

Rose: Es wird einen Street Trolley Car geben, der die unterschiedlichen Quartiere innerhalb der Downtown verbinden wird, sowie eine Straßenbahn, die die Downtown auch an das restliche Doha anbinden wird. Menschen sind praktisch veranlagt. Wenn das Angebot gut ist, dann steigen sie gerne auf öffentliche Verkehrsmittel um. Sogar in Katar.

STANDARD: Wie lange wird es dauern, bis Doha eine funktionierende Stadtstruktur werden wird?

Rose: Wir befinden uns mitten im Urbanisierungsprozess, müssen aber sicherlich noch viele Jahre der Forschung und Entwicklung investieren. Das wird nicht von einem Tag auf den anderen gehen. (DER STANDARD, 23./24.2.2013)