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Grafik: APA

Wien - Mit einem Privatflugzeug kam sie nach Wien, mit zwei Jets flog sie zurück. Anders hätte die Großfamilie aus dem arabischen Raum ihre Einkäufe nicht untergebracht, erinnert sich Gerd Gfrerer, Chef von Global Blue. Der Finanzdienstleister erstattet Touristen aus Ländern außerhalb der EU nach Shoppingtouren die Mehrwertsteuer zurück und bedient so weltweit 38.000 Reisende am Tag - was ihm detaillierte Einblicke in ihr Konsumverhalten verschafft.

Von Krise war bei der betuchten Klientel im Vorjahr nichts zu spüren. Rund 110 Millionen Euro ließen Russen in Österreichs Einzelhandel liegen. 94 Millionen gaben Chinesen aus. Die Ausgaben von Schwarzgeld sind darin nicht enthalten. Dieses wird meist bar auf den Tisch gelegt, ohne sich später um Rückvergütung der Mehrwertsteuer zu bemühen. Dem österreichischen Handel ist man darüber keine Rechenschaft schuldig.

Quer über alle Nationen nahm der steuerfreie Einkaufstourismus in Österreich 2012 um 30 Prozent zu - ein um sieben Prozentpunkte stärkeres Wachstum als im Jahr zuvor. Die fleißigsten Shopper waren Russen vor Chinesen, Schweizern und Taiwanesen. Ukrainer, Kroaten, Japaner und Thailänder folgten auf den hinteren Rängen.

Was sie, vom Erlebniswert einmal abgesehen, dazu antreibt, um die halbe Welt zu fliegen, um sich in Europa mit teurer Markenware einzudecken: Diese ist nicht gefälscht und günstiger als in Asien.

Chinesen geben 60 Prozent des Reisebudgets fürs Einkaufen aus, etwa 40 Prozent davon fließen in Geschenke für Daheimgebliebene, erzählt Gfrerer. Gereist wird aufgrund der Sprachbarrieren überwiegend in Gruppen, gekauft werden am liebsten Schmuck und typisch Österreichisches. Vor allem Uhren sind in China laut Global Blue Statussymbol, für das jeweils auch bis zu 200.000 Euro hingeblättert werde. Im Schnitt jedoch wiegt ihr Einkauf pro Kopf und Shop gut 623 Euro. Touristen aus Hongkong kommen auf durchschnittlich knapp tausend Euro.

Die Luxusindustrie selbst ist ob ihres Kaufrausches in Europa allerdings nur bedingt entzückt. Vor allem, wenn sie mit ihren Labels auch in Asien vertreten ist. Viele Hersteller befürchten dort ein sinkendes Preisniveau. Sie halten daher Österreichs Händler nicht selten zu Aufzeichnungen über die Nationalität der Käufer an. Mitun- ter müssen diese auf Anweisung ihrer Lieferanten Asiaten besonders edle Pretiosen vorenthalten, berichten Branchenkenner. Louis Vuitton etwa erlaubt Chinesen lediglich die Einfuhr von drei in der EU erworbenen Produkten.

Mit Russen setzte der Handel in Österreich im Vorjahr um 23 Prozent mehr um. Leicht auf 426 Euro gesunken sind allein ihre Durchschnittsausgaben pro Laden - was Global Blue auf die höhere Zahl an Touristen aus der russischen Mittelschicht zurückführt. 77 Prozent bleiben in Wien. Am meisten lassen sie für Designermode springen. Diese soll künftig auch lohnendere Geschäft mit Asiaten bieten, sofern ihnen der Textilhandel kleinere Kleidergrößen offeriert.

US-Amerikaner bereisen Österreich zwar deutlich öfter als Asiaten und Russen. Sie ziehen, ähnlich wie Japaner, Kulturtourismus den Shoppingausflügen aber vor.

Österreich rangiert in der Liste der beliebtesten internationalen Einkaufsdestinationen unter den Top zehn. Im Bundesländervergleich reiht sich Tirol hinter Wien, vor Salzburg und Burgenland, das mit Parndorf internationales Publikum anzieht. Graz drohen Einbußen: Für Kroaten wird der Anreiz, jenseits der Grenze zu shoppen, mit dem EU-Beitritt kleiner. (vk, DER STANDARD, 22.2.2013)