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Regisseur Alexej German, hier 2011 beim Filmfestival in St. Petersburg.

Foto: AP/Lovetsky

Moskau - In seiner Jahrzehnte währenden Laufbahn als Filmregisseur konnte Alexej German gerade einmal ein halbes Dutzend Spielfilme fertigstellen. Ausschließlich in Schwarz-Weiß gedreht, setzten sich diese, teilweise basierend auf Erzählungen von Germans Schriftstellervater, mit der Sowjetunion auseinander: mit historischen Themen wie der Belagerung von Stalingrad (Zwanzig Tage ohne Krieg, 1977) oder mit dem ungeschönten Alltag in einer Kleinstadt in den 1930er-Jahren (Mein Freund Ivan Lapshin, 1986).

Die fertigen Filme zogen - auch aufgrund ihrer eigenwilligen Machart, der Verweigerung eindeutiger Heldenfiguren, des Einsatzes von nichtprofessionellen Darstellern - angeblich regelmäßig die Kündigung des Regisseurs durch die Lenfilm nach sich. Zunächst wurden weder Mein Freund Ivan Lapshin noch Germans zweiter Spielfilm, Trial on The Road (1971), zur Veröffentlichung freigegeben, Letzterer konnte erst während der Amtszeit von Michail Gorbatschow aufgeführt werden. Germans letzter fertiggestellter Film, Khrustalyov, My Car!, schließlich war zwar 1998 beim Festival in Cannes zu sehen, sorgte dort jedoch eher für Verstörung.

Alexej Jurjewitsch German wurde 1938 in Leningrad geboren. Er arbeitete nach einem Studium beim Filmregisseur Grigori Kozintsew zunächst am Theater, die Lenfilm stellte ihn in den 1960er-Jahren als Regieassistent ein. 1968 veröffentlichte er dort sein Debüt Der siebente Trabant in Koregie mit Grigori Aronow.

Germans Sohn Alexej German jr., Jahrgang 1974, ist ebenfalls Filmregisseur, er hat unter anderem für Paper Soldier 2008 in Venedig einen Silbernen Löwen erhalten. German senior, der beispielsweise im Vorjahr mit einer Retrospektive im Lincoln Center in New York gewürdigt wurde, gilt inzwischen vielen als maßgeblicher Vertreter seiner Generation - neben Andrej Tarkowsky und der Ukrainerin Kira Muratowa. Am Donnerstag ist er 74-jährig in Moskau gestorben.  (Isabella Reicher, DER STANDARD, 22.2.2013)