Um eine neue Therapie zur Immunsierung gegen Traumata zu finden, interviewten deutsche Forscher 550 burundische Soldaten vor und nach ihrem Kampfeinsatz. 

Foto: Projektgruppe Burundi, Universität Konstanz

Nach Aufenthalten in Krisengebieten leiden viele Soldaten an Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) oder an Depressionen. Nicht nur psychisches Leid, sondern auch psychosoziale Probleme, soziale Isolation und eine erhöhte Aggressionsbereitschaft erschweren eine erfolgreiche Reintegration in die Gesellschaft. 

Die Zusammenhänge von traumatischem Stress und Gewaltbereitschaft von Soldaten nach Kampfeinsätzen untersucht jetzt ein Forscherteam der Universität Konstanz. Die Wissenschaftler haben die einmalige Gelegenheit, Mitglieder der Friedensmission der African Union Mission to Somalia (AMISOM) vor und nach ihrem Militäreinsatz und therapeutisch zu betreuen. So können die Forscher Veränderungen in der psychischen Gesundheit von Soldaten als Folge ihres Kampfeinsatzes unmittelbar untersuchen.

550 aktive Soldaten, 400 Veteranen

Die Forscher interviewten 550 burundische Soldaten in einem Militärcamp nahe der Hauptstadt Bujumbura. Darüber hinaus führten sie mit rund 60 Militärs eine präventive Kurzzeit-Intervention als Vorbereitung auf ihren einjährigen Kampfeinsatz (Jänner 2013 bis Jänner 2014) durch.

Da in Burundi erst im Jahr 2006 ein langjähriger blutiger Bürgerkrieg endete, ist davon auszugehen, dass die psychischen Vorbelastungen dieser Soldaten und ihre Gewaltbereitschaft höher als etwa in Westeuropa ausfallen. Neben den Interviews mit aktiven Soldaten erhob das Forscherteam zum Vergleich zusätzlich Daten von rund 400 Veteranen des burundischen Militärs sowie von ehemaligen Rebellen des Bürgerkriegs.

Auf der Narrativen Expositionstherapie (NET) basierend haben die Konstanzer Forscher eine präventive Intervention für Trauma-Opfer entwickelt. Dabei schildert ein Proband zunächst besonders einschneidende, traumatische Gewalterfahrungen. In einem zweiten Schritt werden alle bedeutsamen Erlebnisse im Leben des Probanden – positive wie negative – im Verlauf des bisherigen Lebens verortet und vergeschichtlicht.

Traumabezogene Reize an Vergangenheit knüpfen

"Wir wissen, dass bei Patienten mit PTBS die traumatischen Ereignisse nicht mehr als Teil der Vergangenheit wahrgenommen werden können, sondern diese ständig im Hier und Jetzt präsent sind. Alltägliche Reize, beispielsweise ein vertrauter Geruch, können dann massives Angsterleben auslösen", sagt Studienleiter und Psychologe Roland Weierstall.

In der Intervention durchlebt der Soldat das Trauma erneut; das Gehirn lernt dabei jedoch, alle traumabezogenen Reize an die Vergangenheit zu knüpfen. Treten Hinweise auf Gefahr erneut auf, so kann der Proband das aktuelle Angstempfinden der Realität anpassen. "Dieser Wirkfaktor von Traumatherapie, nämlich traumatische Erfahrungen unmittelbar durch Verbalisierung in der eigenen Biografie zu verorten, soll Soldaten gegen Traumafolgestörungen immunisieren", so Weierstall. (red, derStandard.at, 21.2.2013)