Wien - Dass so manche Kanzlei nicht schlecht mit der Sachwalterschaft verdienen würde, wie es kürzlich in einem STANDARD-Kommentar stand, treffe nur bedingt zu, wehrt sich Anwalt Thomas Loos. "Viele Anwälte und Notare werden zu Sachwalterschaften zwangsvergattert."

Verlustgeschäft für kleine Kanzleien

Wird ein Sachwalter gerichtlich bestellt, werden erst Angehörige und dann staatliche Vertretungsvereine gefragt. Schlagen diese aus, was immer öfter passiert, werden die Fälle Anwälten und Notaren zugeteilt, die nicht ablehnen dürfen. "Die meisten Klienten sind mittelos, für mich mit einer kleinen Kanzlei ist es ein Verlustgeschäft", sagt Loos.

Als Beispiel bringt er den Fall einer Frau, die an paranoider Schizophrenie leidet und zunehmend verwahrloste. Sie verweigerte eine stationäre Behandlung, wie sie Loos dem Gericht mehrmals empfahl, und beschwerte sich über ihn. Gleichzeitig beschwerten sich Menschen aus ihrem Umfeld über Loos, weil dieser ihrer Meinung nach nichts unternehmen würde.

400 Euro pro Jahr

Erst als sich die Situation lebensbedrohlich zuspitzte, konnte die Frau in ein Krankenhaus gebracht werden. Loos ließ die Wohnung renovieren, vorfinanziert mit seinem eigenen Geld. "Die Aufwandsentschädigung für die Arbeit beträgt in diesem Fall 400 Euro im Jahr", rechnet er vor.

Seiner Meinung nach brauche es vor allem mehr qualifizierte Sachwalter und mehr Personal für die vier staatlichen Vereine, um die ständig steigende Zahl der Betroffenen gut zu betreuen. Momentan werden in Österreich rund 58.000 Menschen besachwaltet, bis 2020 sollen es mindestens 80.000 sein.

Für Peter Schlaffer, Geschäftsführer des Vereins Vertretungsnetz, liegt ein Grund für den massiven Anstieg der Sachwalterschaft darin, dass es kaum noch Sozialarbeiter in Krankenhäusern gibt, die zuvor wichtige Aufgaben übernommen haben.

"Es macht keinen Sinn, die Anwälte gegen ihren Willen einzusetzen", kritisiert Schlaffer. Mit Unterstützung von Ehrenamtlichen betreut ein Mitarbeiter im Verein rund 48 Klienten - fast doppelt so viele wie gesetzlich maximal vorgesehen. (juh, DER STANDARD, 21.2.2013)