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Wie Jedermann (re.) will Salzburg sein Geld auf ewig, doch so weit reicht Mammons Liebe nicht.

Foto: dapd/Joensson

Manfred Müller rätselt noch. Der Salzburger Rechnungshofchef hat beim heutigen Auftakt der Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss "Startnummer eins gezogen. Ob das ein Vorteil ist, weiß ich nicht. Die Piste ist vielleicht perfekt, aber die Eisplatten kennt man nicht". Bei der Aufklärung der Spekulationsaffäre geht es vor allem um die Verantwortung von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und ihres früheren Stellvertreters David Brenner (beide SPÖ).

Die Sichtweise der Roten ist rasch erzählt. Eine Referatsleiterin spekuliert eigenmächtig mit Steuergeldern, niemand weiß etwas davon. Doch Salzburg kommt dank energischem Gegensteuern nach Bekanntwerden der Affäre glimpflich davon, statt mit Verlusten steigt das Land sogar mit einem kleinen Plus aus den Spekulationsgeschäften aus.

Doch diese Version steht schon vor dem Start des Untersuchungsausschusses auf ziemlich wackeligen Beinen. Der Verdacht, dass hohe Verluste verschleiert wurden, erhärtet sich zusehends. Hinweise darauf liefert unter anderem das Gutachten von PwC, das Mitte Jänner nur in Auszügen vorgestellt wurde. Dass ein Volumen von 1,7 Milliarden Euro an außerordentlichen Schulden aufgenommen worden sei, war Salzburgs "Landesregierung und Landtag unbekannt", heißt es in Brenners Zwischenbericht.

PwC sieht das differenzierter, allerdings wurden die kritischen Passagen der Berater von der Finanzabteilung nicht übernommen. So merken die Consulter an, dass die außerordentlichen Darlehen "sämtlich auf Buchhaltungskonten des Landes Salzburg verbucht worden" seien. Eine exakte Verwendung der aufgenommenen Mittel konnten die Experten zwar nicht nachzeichnen, dass sich das Land in diesem Ausmaß verschuldet hat, musste aber bekannt sein.

Die außertourlichen Schulden wurden in Form von 62 einzelnen Darlehen über mehrere Jahre aufgetürmt und "sind auf Konten des Landes Salzburg eingegangen", heißt es in dem PwC-Bericht weiter. Größter Financier war mit 548 Millionen Euro übrigens die Salzburger Hypo-Landesbank. Doch nicht nur in Buchhaltung, auch im Rechnungsabschluss hätte man fündig werden können. "Hier finden sich in der sogenannten durchlaufenden Gebarung allein unter den Konten Liquiditätsmanagement auffallend hohe Beträge", erläutert Meinhard Lukas. Der Linzer Universitätsprofessor koordiniert im Auftrag des Landes die Aufarbeitung der Affäre.

Eines der Hauptprobleme war offenbar, dass die Landesbuchhaltung 2006 in die Finanzabteilung integriert wurde und keine Fragen gestellt wurden, wofür Kredite aufgenommen werden. Entsprechend hat sich bereits Salzburgs Rechnungshofchef Manfred Müller geäußert. Er war früher in der Buchhaltung tätig und hat von Gesprächen mit mehreren Finanzreferenten berichtet, die ihm nahegelegt haben, sich nicht um die Geldflüsse kümmern zu sollen.

"Ladenhüter"

Die fehlende Kontrolle brachte das große Rad erst zum Laufen, wie groß der Schaden ist, lässt sich aber immer noch nicht abschätzen. Konkretester Hinweis auf eine bisher ungeklärte Finanzlücke sind die auf 3,3 Milliarden Euro explodierten Schulden des Landes. 1,7 Milliarden davon entfallen auf das Schattenportfolio, davon 450 Millionen Euro auf Derivate. Das große Rätsel: Bei diesen Geschäften ist kein oder nur ein geringer Kapitaleinsatz notwendig. Woher kommt also die hohe Verschuldung?

Eine Vermutung ist, dass die Swaps tief unter Wasser waren und erlittene Verluste in Schulden gepackt wurden, wie Professor Lukas bestätigt: "Es liegt nahe, dass auch Spekulationsverluste durch diese Kredite abgedeckt wurden." Dabei sei das Verhältnis zum sogenannten Reserve-Swap zu klären. Der wurde vom Land bisher als eine Art Rücklage aus nicht abgeführten Gewinnen dargestellt. Offenbar wurden aber auch Verluste produziert.

Rechnungshofchef Müller bringt noch eine Variante ins Spiel: Die Wertpapiere könnten seit dem Einstieg an Wert verloren haben. Wie schnell das gehe, zeigten allein schon die jüngsten Verluste bei Spekulationen in türkischer Lira, die sich zum Euro leicht ermäßigte. Schließlich hat das Land auch bei der Auflösung der Swaps Ende des Vorjahres 121 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Selbst wenn nun Glattstellungen im positivem Ergebnis erfolgten, werde erst zum Schluss abgerechnet, betont Müller. Er befürchtet nämlich, dass die schwer defizitären "Ladenhüter" noch länger an Salzburg haften werden. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 20.2.2013)