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Verbotene Absprachen rund um Schokotafeln machte die deutsche Kartellbehörde aus. Die betroffenen Konzerne beliefern auch Österreich.

Foto: APA/Marijan Murat

Österreichische Konzerne werden nach Preisabsprachen international abgestraft. Auf Österreich strahlt das kaum ab. Die Arbeiterkammer macht dafür Gesetzgeber und Behörde verantwortlich.

 

Wien - Im Jänner traf es deutsche Süßwarenhersteller. Im Juli wurde die Schienenindustrie zur Kasse gebeten. 2011 erwischte es große Spülmittelerzeuger. Internationale Mühlenriesen kamen ebenso dran wie die Spanplattenbranche und die Bauer von Feuerwehrfahrzeugen. In den drei Jahren zuvor wurden unter anderem Spezialisten für Brillengläser, Kaffeeröster, Dachziegelerzeuger und Drogeriewarenhersteller hart abgestraft.

Was sie miteinander verbindet: Sie alle bildeten über Absprachen verbotene Kartelle und wurden in Deutschland zu Bußgeld in nicht selten dreistelliger Millionenhöhe verurteilt. In die Verfahren waren zum einen österreichische Unternehmen, zum anderen internationale Konzerne, die in Österreich federführend vertreten sind, verwickelt. Für die Behörde hierzulande hatte das aber nie Relevanz.

Von Wienerberger und Leipnik-Lundenburger über Egger und Rosenbauer bis zur Voestalpine - viele österreichische Konzerne bzw. ihre Tochterfirmen waren in den vergangenen Jahren an internationale Preisabsprachen beteiligt, etliche agierten später als Kronzeugen, resümiert Helmut Gahleitner, Kartellrechtsexperte der Arbeiterkammer im STANDARD-Gespräch.

Er frage sich, warum diese Verfahren bisher nie auf Österreich abstrahlten. Und warum sich die Konzerne in Deutschland wettbewerbswidrig verhielten, davon in Österreich aber stets Abstand nahmen. Das Ausland strafe sie ab - in Österreich hingegen sei offenbar alles gesetzeskonform und koscher. Das löse bei Beobachtern Unwohlsein aus. Denn dass die in Deutschland aufgedeckten Kartelle aufs Nachbarland keine Folgen hätten, sei eher unrealistisch.

Allein aus der Beobachtung der deutschen Märkte ließe sich viel über das Gebaren in Österreich herauslesen, sagt Gahleitner und fragt: "Warum strengen die Behörden hierzulande kein Auskunftsverlangen an?" Aus Sicht der Konsumenten wäre das sehr wohl eine Bringschuld. Neben der Wettbewerbsbehörde sieht er den Gesetzgeber gefordert: Österreich müsse im Kampf gegen Kartelle Maßnahmen setzen, die den internationalen Standards entsprechen. "Derzeit ist man davon meilenweit entfernt." Gahleitner stößt sich an der verkürzten Beschlussausfertigung bei entsprechenden Anträgen. Die Deckelung der Geldbußen gehöre - bei Kronzeugen ausgenommen - hinterfragt. Und bei Streuschäden wie im Falle des Kartells rund um die Berglandmilch brauche es die Möglichkeit zu Sammelklagen.

24 Millionen Euro musste 2011 die VK Mühlen AG zahlen, sie gehört zu 51 Prozent LLI Euromills, die unter dem Raiffeisen-Dach steht. Die Holzindustrie kosteten Absprachen 42 Millionen - Egger wurde als Kronzeuge die Strafe erlassen. Fast 125 Millionen wog das Schienenkartell. Voestalpine löste das Verfahren durch einen Bonusantrag aus. Millionen Euro bezahlten auch Konsumgüterriesen wie Henkel und Unilever, weil sie Listenpreise abstimmten.

In der Süßwarenbranche summierte sich das Bußgeld jüngst auf 60 Millionen. Kraft Foods und Ritter sprachen sich in Deutschland unter anderem über Tafelschokolade ab. Mars und Nestlé setzten ihre Preiserhöhungen gemeinsam auch über eine Verringerung des Packungsinhaltes um.

In Österreich seien die jüngsten Hausdurchsuchungen in der Lebensmittelbranche ein wichtiger Schritt, sagt Gahleitner. Für politische Kontrolle brauche es aber mehr Transparenz über das Ergebnis der abgeschlossenen Ermittlungen. Sonst würden die betroffenen Konzerne erneut belohnt. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 19.2.2013)