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Es dauert an der Wiener Volksoper eine ziemliche Weile, bis das Opernpaar zueinanderfindet. Es sind dies Matthias Klink (als Hans) und Caroline Melzer (als Marie). 

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Er könnte einer jener Profit-Optimierer sein, die sich um die Erfindung der Pferde-Lasagne Verdienste erworben haben: Heiratsvermittler Kecal, ein aufdringlicher Geschäftsmann, ein derbes Schwitz- und Schlitzohr, dessen Aktentasche auch eine Aktenflasche zu sein scheint. Aus einer Taschenöffnung grinst jedenfalls ein Flaschenhals; und gerne lässt Kecal Hochprozentiges in die Gläser seiner potenziellen Kunden fließen. Eine Investition im Sinne einer inspirierenden Geschäftsatmosphäre.

Es wäre dieser Ehehändler ein szenisch durchaus differenziert auszuleuchtender Charakter. So wie bei Smetanas Verkaufter Braut alles auf ein Happy End zu singt, so ist allerdings auch dieser Kecal in der Inszenierung von Routinier Helmut Baumann einfach eine polternde Dauerpointe. Natürlich gut aufgehoben bei Martin Winkler, dessen deftige Spielqualitäten sich mit einem etwas grellen Gesangsstil effektvoll mixen.

Man merkt auch sonst grundsätzlich schnell, worum es in der weißen Riesenscheune zu gehen hat (Einheitsbühnenbild von Mathias Fischer-Dieskau): Nicht um eine mögliche Geschichte hinter der Geschichte, nicht um theatrale Ausreizung der Charaktere und Situationen. Es gilt, die vordergründige Story möglichst bunt über die Konsensrunden zu bringen - ohne dabei gänzlich platt zu erscheinen.

Selbstbewusste Dame

Diese Übung ist gelungen: Herzhaft wird gerauft wie stilisiert getanzt (effektvolle Choreografie: Bohdana Szivacz); Akrobaten, Jongleure und Clowns geben imposante Kostproben ihres Vermögens, während die liebe Dorfgesellschaft staunend zusammenrückt. Charakterzeichnung ist mitunter durchaus vorhanden: Caroline Melzer (als Marie) gibt eine selbstbewusste (und gesanglich solide) junge Dame; Jeffrey Treganza (als Wenzel, mit dem Marie verheiratet werden soll) präsentiert keinen stotternden Idioten, vielmehr einen sympathisch-naiven Jüngling, der sein Herz schließlich für Tänzerin Esmeralda (Anita Götz) rasen lässt.

Zuweilen schafft sich die Oper, wenn alles so nett dahinfließt, allerdings spontan ihr eigenes kleines Drama: Der glänzende, wohltönende Tenor Matthias Klink (als Hans) bekommt vor der Pause an drei Höhenstellen hörbare Abstiegsprobleme; und Direktor Robert Meyer erscheint in der Pause, bitte um Nachsicht: Klink sei wegen Dauereisatzes im Probenvorfeld etwas angeschlagen. Kein Malheur. Kling singt danach passabel zu Ende, seine Figur fügt sich gut in den mainstreamigen Gesamtstil ein.

Nicht unwesentlich zur Erhöhung des Energiepegels trugen Dirigent Enrico Dovico und Orchester bei: Schon die rasant abgeschnurrte Ouvertüre zeigte einen dynamischen Gestaltungswillen, der in weiterer Folge zwar punktuell Sänger zudeckte. Insgesamt jedoch gelingt die Balance zwischen süffiger Romantik und quirliger Instrumentaltheatralik. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 19.2.2013)