Christoph Bielers lange Reise geht weiter. "Dass ich kein geborener Gesamtweltcupsieger bin, weiß ich. Aber ich kann an verschiedenen Tagen der Beste sein."

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Die Loipe will er entlanglaufen bis nach Sotschi 2014.

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Der größte Mannschaftserfolg war die Goldmedaille von Turin 2006.

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Wien/Val di Fiemme - Was Christoph Bieler derzeit in der Loipe aufführt, möchte man auf dem Klavier spielen können. In Almaty im fernen Kasachstan lief "Bieles" der Konkurrenz davon und trug auch noch sein stattliches Leistungssportler-Alter in die Rekordbücher ein: Kein 35-Jähriger hatte bisher einen Weltcup in der Nordischen Kombination gewonnen. Da wäre schon eine Karriere, auf die der Tiroler zurückschauen könnte.

Fünf Jahre war sein letzter Sieg her, fünf Jahre ohne Zweifel. "Für mich ist das der schönste Beruf. Ich habe den Sport nie wegen des Geldes gemacht." Vielleicht war die fruchtlose Zeit auch einer Reglementänderung geschuldet. Seit 2009 geht die Kombination mit einem Sprung und einem 10-Kilometer-Lauf über die Bühne. Den Sprint über 7,5 Kilometer gibt es nicht mehr, er geht Bieler schon ab. "Weil ich ein schnellkräftiger Typ bin. Jetzt ist es schon lauflastiger. Aber die Kombi ist komplex, ist ein Balanceakt zwischen Training der Kraftausdauer und der Schnellkraft."

Virtuosität

Wirklich virtuos ist Bieler auf der Schanze, er weiß, dass er dort auch mit 35 noch die Nummer eins sein kann. Die Saison war aber bisher ein Auf und Ab, beim Sprungtraining in Predazzo stürzte Bieler und erlitt schwere Prellungen. Dazu kamen Probleme mit der Materialumstellung (von den dickeren auf die hautengen Anzüge). Dann wurde er noch beim ersten Schneetraining in Norwegen krank, inklusive enormem Substanzverlust. 2013 kam sein neu geborener Sohn Jakob, dann Almaty und jetzt also Val di Fiemme.

Dort, wo Bieler seinen ersten großen Erfolg mit dem Mannschafts-Gold bei der WM 2003 feierte. "Die Gegend taugt mir, das Klima im Süden ist sehr gut, weil dort ein Hochdruckgebiet ist. Das heißt, wir haben dort kalte Nächte, untertags ist es dann meistens schön warm", sagt der zweifache Familienvater. Es ist die erste Weltmeisterschaft in der Post-Gottwald-Ära und für Bieler eine Rückkehr auf die WM-Bühne, für Oslo 2011 war er vom ÖSV nicht berücksichtigt worden.

Der Hype muss her

Gottwald war die in Fleisch gegossene Konsequenz in allen Belangen, Bieler gönnte sich Abwechslung auch während der Saison mit Skitouren oder mit Radrennen im Sommer. "Jeder muss seinen Weg finden. Felix hat uns mit seinen Erfolgen bei den Großveranstaltungen gewaltig viel Druck genommen. Die Sponsoren wollen Medaillen sehen. Wir sind aber noch immer ein starkes Team, es übernehmen andere Verantwortung."

Wirklich angekommen im Event-Zeitalter ist die Nordische Kombination noch nicht. Die Springer haben die Tournee, die Biathleten begeisterte Zuschauer in Fußballstadien (Auf Schalke), im Langlauf wurde die Tour de Ski etabliert. Es hakt an der Vermarktung. Dass die FIS mit Lasse Ottesen einen kompetenten norwegischen Ex-Skispringer als Renndirektor der Kombinierer installiert hat, findet Bieler gut. "Er geht auf uns, die arrivierten Athleten, zu, will unsere Meinung hören. Vielleicht gibt es schon nächstes Jahr eine Tour von Schonach und Chaux-Neuve bis nach Seefeld, wo das große Finale sein soll. In Frankreich und Deutschland kommen viele Zuschauer, da geht es auch um mehr Geld."

Der Preis des Sieges

Mit dem für die Fans undurchsichtigen Penalty-Race sind die Athleten nicht zufrieden, eine eigene Weltcup-Kugel für eine etwaig wieder zum Leben erweckte Sprintwertung ist ein Anliegen. Um die Anhebung der Preisgelder kämpfen die Kombinierer schon lange, derzeit gibt es für einen Weltcupsieg 8.000 Schweizer Franken, natürlich noch unversteuert. Die Langläufer bekommen für Siege gut das Doppelte, aber "wir dürfen nicht jammern. In der Wirtschaftskrise müssen wir froh sein, dass wir einen vollen Weltcup-Kalender haben." Ein Vergleich mit den Skifahrern ist sowieso sinnlos.

Dass manches im Leben nicht so schnell geht, weiß Christoph Bieler freilich. Erst mit 29 gewann er seinen ersten Bewerb im Weltcup. "Dass ich kein geborener Gesamtweltcupsieger bin, weiß ich. Aber ich kann an verschiedenen Tagen der Beste sein." (Florian Vetter, derStandard.at, 20.2.2013)