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Yoko Ono, immer noch zu entdecken.

Foto: apa / dpa / Laurin Schmid

Frankfurt/Wien - Die Aufforderung, in den Fußspuren des Vordermanns zu laufen, im Matsch, Schnee oder Eis ist mit Schreibmaschine auf eine Karteikarte getippt. "Versuche, kein Geräusch zu machen", enden die wenigen Zeilen. 2009 auf der Biennale Venedig hing das unauffällige Stück Papier mit poetischer Botschaft fast unbeachtet an einer Wand; die Aufmerksamkeit gilt meist den großformatigen, effektvollen Arbeiten des Kunstbetriebs.

Damals erhielt Yoko Ono den Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk, was wenig daran änderte, dass ihr vielfältiges Oeuvre auf dem Kunstmarkt keine große Rolle spielt. Das zwischen Performance, Konzeptkunst, Film und Musik oszillierende Gesamtwerk der agilen,  am 18. Februar ihren 80. Geburtstag feiernden Künstlerin, ist weitgehend unerschlossen.

"Die berühmteste unbekannte Künstlerin", nannte John Lennon seine Frau einst stolz; dass dies nicht ewig gültig bleibt, dafür sorgt nun die Frankfurter Schirn mit einer großen, rund 200 Arbeiten umfassenden Retrospektive, die im Oktober auch in der Kunsthalle Krems Station macht.

Half-a-wind Show, titelt die Ausstellung (und auch der bei Prestel erschienene Katalog, 208 Seiten, 41,10 Euro) und verrät dabei viel vom utopischen Potenzial in Onos Arbeit: Die Luft zu teilen oder in Kapseln zu füllen, die man wie Kaugummis für 50 Cent aus dem Automaten zieht, schlägt sie ebenso vor, wie das Licht in Säcke zu gießen und statt einer Glühbirne in der Zimmermitte aufzuhängen. Selbst solche Schildbürgerstreiche bekommen in den minimalistischen, von den 17-silbigen Haikus geprägten Handlungsanweisungen eine poetische Dimension.

Im Betrachter und dessen (Selbst-)Reflexion und Vorstellung vollenden sich ihre Arbeiten - oder auch in dessen Aktion, wenn er in Mending Piece (1966) eine zerbrochene Tasse klebt oder ihr die Kleider vom Leib schneidet, wie in Cut Piece (1964), einem Gewalt und Grenzüberschreitung thematisierenden Meilenstein der Performancekunst.    (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 18.2.2013)