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Ralf Schauflinger kocht in Kirchdorf für Europa. Seine Familie führte einst einen kleinen Feinkostladen, ehe sie auf die rentablere Zubereitung von Biomenüs umsattelte. Einige tausend Portionen verlassen seither täglich ihre Küche. 80 Prozent davon gehen in den Export nach Südtirol und Deutschland. Beliefert werden Bioläden, Kantinen und Kindergärten bis an die Nordsee. Auch Chinesen hätten schon einmal Apfelstrudel nach Hongkong bestellt - mit seinen 14 Mitarbeitern konzentriere er sich aber doch lieber auf den deutschsprachigen Raum, sagt der Oberösterreicher.

Dass die Biobranche Regionalität preist, selbst aber Exporte weit über die Grenzen hinaus vorantreibt, darin sieht er keinen Widerspruch. Er spare Kilometer beim Einkauf regionaler Produkte und durch ausgeklügelte Logistik.

Export sei ein großes Thema, "von Regionalität allein können wir nicht leben", bestätigt Dagmar Högler, die den Lukashof in Stainz betreibt. Ein Fünftel ihrer teils mit Rosen verfeinerten Pestos, Senfsorten und Chutneys geht nach Italien und Deutschland. Schweden zählen ebenso zu den Kunden, und bald will der steirische Biobetrieb mit seinen zehn Mitarbeitern auch in Holland Fuß fassen. Ziel ist es, den Exportanteil auf 40 Prozent zu heben.

Fokus auf strategische Märkte

Es sei wichtig, sich langfristige strategische Märkte aufzubauen, auch um Risiko zu streuen, meint Fritz Prem, Obstbauer und Präsident des Europäischen Bioobst Forums. Vor vier Jahren mussten die Österreicher noch jeden zweiten Bioapfel importieren. Mittlerweile wurden die Anbauflächen verdoppelt, der stark wachsende Bedarf lässt sich gänzlich aus eigener Produktion decken, und es bleibt genug übrig für Exporte.

Um zu verhindern, dass Österreich in schlechten Jahren wieder importieren müsse, brauche es Puffer nach oben, sagt Prem. Skandinavien werde immer auf Äpfel aus dem Ausland angewiesen sein, Frankreich habe den Biotrend verschlafen, und auch für Deutschland sei es besser, Obst aus Österreich zu holen als aus Chile.

Österreichs Biobranche gewinnt international an Boden. Ein aus Sicht von Experten notwendiger Schritt, denn die Jahre hoher zweistelliger Zuwächse im eigenen Land sind vorbei. Um zwei Prozent nahm die Biomenge 2012 in Österreich zu, wertmäßig gab es ein Plus von neun Prozent. Europas Einzelhandel setzt mit Bio mehr als 21 Milliarden Euro um. Die größten Abnehmer sind Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben tätigen die Schweizer. Weltweit führen die USA das Geschäft an, rechnet Lukas Kilcher vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau vor.

Weniger Abhängigkeit

Rudolf Vierbauch, Obmann des Bioverbands Bio Austria, drängt auf deutlichen Ausbau der österreichischen Bioflächen. Nur damit habe die Branche die Kraft für höhere Investitionen in Innovation und Markenaufbau, sagt er am Rande der weltweit größten Biomesse BioFach in Nürnberg. Und sie windet sich damit aus der Abhängigkeit österreichischer Lebensmittelriesen: 80 Prozent des Geschäfts laufen über Rewe, Spar und Hofer, die ihre eigenen Marken jenen der Hersteller vorziehen.

Vom Skandal rund um Pferdefleisch, das Konsumenten in etlichen Ländern unwissentlich untergejubelt wurde, sehen sich Biohersteller profitieren. Er spüre stärkeren Zulauf, erzählt Manfred Huber, Chef von Biofleisch Sonnberg. Die Kunden seien freilich vergesslich, nach einigen Wochen flache das Interesse meist wieder ab. "Wir müssen aufpassen, dass derartige Skandale nie im Biobereich passieren." Krisen in der konventionellen Produktion hätten seiner Branche immer genutzt, bestätigt Vierbauch.

Die Biomühle Hans Hofer erzielt mittlerweile ein Drittel ihres Geschäfts im Ausland. An ihrem aus Biomehl erzeugten Knabbergebäck finden erste Kunden aus Asien Geschmack. "Wir werden nicht von heute auf morgen große Geschäfte machen", sagt Firmenchef Erwin Hartberger, Österreich genieße im Ausland aber hohe Glaubwürdigkeit.

Steirische Bioware für den Export

Josef Farthofer, Mostelleria-Gründer und Spezialist für Bioschnaps aus Brot, erzielt eine Exportquote von 60 Prozent. Um auch in den USA zu reüssieren, hat er seine Destillate nun als koscher zertifizieren lassen. Auch Frank Stronach, Magna-Gründer und nunmehriger Politiker, übt sich mit steirischer Bioware im Export. Er hat im Vorjahr eine kleine Ölmühle übernommen, unter der Marke "Frank's" soll sein Kürbiskernöl künftig "in die ganze Welt" fließen, ist Werbeprospekten zu entnehmen. Bisher ist es freilich lediglich im Stammgeschäft in Übersbach zu erwerben.

Die Konkurrenz steht Gewehr bei Fuß. Vor allem die asiatische. Auf der deutschen Messe suchen chinesische Großkonzerne Kunden für Apfelchips und Milchpackerln. In China sei damit aufgrund der hohen Preise wenig zu reißen, erzählt eine Vertreterin. Die USA seien aber schon aufgesprungen, und jetzt arbeite man am Einstieg in Europa. Was denn das Besondere an ihren Apfelchips sei? Die rasche Antwort an den spartanisch gestalteten Verkaufsständen: "Sie sind billig." (Verena Kainrath, DER STANDARD; 16.2.2013)