"Mehr Selbstreflexion wäre sinnvoll, weil wir alle nicht wissen, wie die Wirtschaft in zwanzig Jahren ausschauen wird", meint Hoffmann. 

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STANDARD: Im September wurde mit Christoph Huber ein neuer ÖH-Generalsekretär gewählt, der sich vor allem um Fachhochschulthemen kümmern will. An den FHs funktioniere "bei weitem nicht alles so toll, wie es oft dargestellt wird", sagte er in seiner Antrittsrede. Stimmt das?

Hoffmann: Definitiv. Huber kritisiert unter anderem das fehlende Mitspracherecht der Studierenden. Seit letztem Jahr gibt es zwar im Zuge der neuen FHStG-Novelle eigene Kollegien an den FHs, doch diese bestehen aus jeweils sechs Personen vom Lehr- und Forschungspersonal, sechs Personen von der Studiengangsleitung und nur vier Studierendenvertretern. Wir fordern eine paritätische Aufteilung zwischen Studierenden und Lehrenden.

STANDARD: Die FH-Vertretungen sind im Gegensatz zu den lokalen Hochschülerschaften an den Unis noch keine Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie wollen die FH-Vertretungen nun in die Selbstständigkeit entlassen. Wieso?

Hoffmann: Im Moment sind die FH-Vertretungen der ÖH-Bundesvertretung untergeordnet. Das schafft viel Bürokratie, da sämtliche Zahlungen und Genehmigungen über die Bundesvertretung abgewickelt werden müssen. Zudem werden an den FHs die Vertretungen jedes Jahr neu gewählt, an den Universitäten nur alle zwei Jahre. Dadurch baut sich das Know-how einzelner Personen schwieriger auf. Deswegen fordern wir eine dringend notwendige Reform des Hochschülerschaftsgesetzes, um eine strukturelle Vereinheitlichung aller Hochschulen zu schaffen.

STANDARD: Was sind sonst die größten hochschulpolitischen Baustellen an den FHs?

Hoffmann: Viele Probleme sind dieselben wie an den Unis: mangelnde soziale Absicherung, kaum sektorale Durchlässigkeit beim Wechsel von Bachelor auf Master, Aufnahmeverfahren, Studiengebühren. Auch für berufsbegleitend Studierende ist die Situation nicht optimal, weil Anwesenheitspflicht herrscht und regelmäßige Prüfungstermine, die nicht verschoben werden können, obligatorisch sind.

STANDARD: Sollte jede FH studiengebührenfrei sein?

Hoffmann: Im Idealfall: ja. Viele FHs zeigen, dass es auch möglich ist, ohne Studiengebühren finanziell gut dazustehen. Auch fordern wir einen freien Zugang, weil Bildung für alle Menschen frei zugänglich sein sollte.

STANDARD: Viele FHs werben doch genau damit, dass eben nicht jeder aufgenommen wird, sondern qualitativ ausgesiebt wird. Zum Beispiel die FH Wien beim Studiengang Journalismus.

Hoffmann: Problematisch ist, dass solche Aufnahmeverfahren nirgendwo gesetzlich geregelt sind. Jeder Studiengang kann sich selber überlegen, wie er sie gestaltet. Oft sind neben Computertests auch persönliche Gespräche Teil des Assessment-Centers. Da stellt sich die Frage nach der Subjektivität des Gegenübers, das entscheidet, ob jemand sympathisch ist. Und Computertests sind auch nur Momentaufnahmen. Ich glaube, dass jeder, der den Willen zeigt, einen Studiengang zu belegen, dies auch kann. Schließlich hat derjenige bereits eine Studienberechtigungsprüfung abgelegt. Zudem hat Österreich eine der geringsten Akademikerquoten der EU.

STANDARD: Schaffen die FHs den Spagat zwischen Praxisnähe und akademischer Bildung?

Hoffmann: An Hochschulen wird oft mehr ausgebildet als gebildet. In der Hochschulbildung sollte es aber vor allem darum gehen, dass die Personen lernen, kritisch zu hinterfragen - und nicht einfach nur für einen gewissen Beruf ausgebildet werden. Es sollten Themen behandelt werden, die in jedem Berufsfeld gefragt sind.

STANDARD: Sie beschreiben die klassische Position einer Universität. Welche Berechtigung hat dann überhaupt die FH?

Hoffmann: Das Profil der FH ist, dass sie einen höheren Praxisbezug hat. In gewissen Belangen ist das auch gut, aber andererseits wäre auch hier mehr Selbstreflexion sinnvoll, weil wir alle nicht wissen, wie die Wirtschaft in zwanzig Jahren ausschauen wird. Nur durch Selbstreflexion kann sich die Gesellschaft weiterentwickeln - und das soll ja auch irgendwo der Sinn einer akademischen Bildung sein.

STANDARD: Was würden Sie den Frischmaturierten raten: Wann ist die FH die richtige Wahl?

Hoffmann: Das hängt davon ab, was man für ein Typ Mensch ist. Die FH ist stark strukturiert, was ein Vorteil sein kann, andererseits aber auch durch Anwesenheitspflicht und fixe Prüfungstermine manchmal zu viel ist. Im Gegensatz zu den Unis hat man jedoch die Möglichkeit, berufsbegleitend zu studieren. Man kann die Lehrveranstaltungen auf die Abende und Wochenenden verlegen. (Fabian Kretschmer, DER STANDARD, 16.2.2013)