Das Innenministerium will Suchtkranke heilen, indem es das Substitutionsprogramm streicht. Abgesehen davon, dass Gesundheitsfragen ins dazugehörige Gesundheitsministerium gehören: Was empfiehlt man eigentlich als Alternative? Den Gang nach Lourdes? Handauflegen? Exorzismus in besonders hartnäckigen Fällen?

Aber wenn man schon in Ressorts bestimmen möchte, die einem nicht zugeordnet sind: Das Innenministerium könnte überhaupt erfolgreich das Gesundheitsministerium unter Kontrolle bringen. Weitere Anregungen bieten sich an, z. B. Streichung der Schmerztherapie auch bei anderen chronisch Kranken. Erspart nach günstig in Heimarbeit vollzogenem Exitus weitere Behandlungskosten. Sparen bis zum Sarg quasi, rechteckig, praktisch, gut.

Das lässt sich ausbauen. Keine Therapie mehr für psychisch Kranke! Was da an Abwechslung im öffentlichen Leben auf uns alle zukommen würde! Eine Unterhaltung für Jung und Alt. Zwar haben die Krankenkassen kürzlich in diesem sensiblen Bereich ein wenig Ressourcen aufgestockt, aber unverhofft kommt bekanntlich trotzdem oft. Das eingesparte Geld ließe sich sofort in die vom Innenministerium gleichzeitig geforderten Drogenhaartests auf Verdacht investieren. Die kosten schließlich auch.

Nichts ist umsonst, wenn auch manches vergeblich. Für die Überführten gibt es dann zwar nach dem modernen Behandlungsmodell "Schuld und Sühne" keine Therapie, dafür aber Strafe. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht. Die Absicht ist es doch, die zählt!

Wir könnten aber auch gleich die Todesstrafe einführen, die Gefängnisse sind zurzeit randvoll, und irgendwie werden wir sie wieder leeren müssen, wenn die zu erwartende Mehrzahl an Delinquenten, die sich nun wieder vermehrt der Beschaffungskriminalität widmen, eintrudelt.

Wollt ihr die totale Entlastung, fragt man. Und eine Handvoll schreit zurück: nein, die totale Identität. Es entwickeln aber vor allem jene Ängste um diese, ihre Identität, die keine ausgeprägte besitzen. Das ist ungefähr so intelligent, wie sich um einen großen dicken goldgefüllten Safe zu sorgen, wenn man leider Gottes einfach keinen großen dicken goldgefüllten Safe hat.

In Steireranzug und Kärntner Dialekt wird in der Votivkirche die Sorge um die Wiener Identität vorgetragen, die sich traditionell aus einem städtischen Schmelztiegelguss präsentiert. Vorgetragen von Leuten, deren Organisation von der pulsierenden Weltmetropole Lackendorf aus operiert, sich aber im Geiste schon komplett eingewienert hat. Auch gut. Wien kann alles verkraften. Aber wer schon ungefragt für einen Schmelztiegel spricht, sollte keine Berührungsängste mit ihm haben.    (Julya Rabinowich, Album, DER STANDARD, 16./17.2.2013)