Die Südtiroler Volkspartei, jahrzehntelang eine macht- und erfolgsverwöhnte Institution in Italiens nördlichster Provinz, befindet sich in keinem beneidenswerten Zustand: Die Sammelpartei ist durch Flügelkämpfe gelähmt und durch Skandale angeschlagen. Eine Affäre um Abhörwanzen in den Räumen der Landesregierung vergiftet das Klima zusätzlich.

Die in knapp zehn Tagen anstehenden Parlamentswahlen könnten die Partei, die in Jahrzehnten absoluter Mehrheit erheblichen Filz angesetzt hat, nun an den Rand des Abgrunds und der - zumindest landesweiten - Bedeutungslosigkeit führen. Laut einer Umfrage des Linzer Market-Instituts im Auftrag der Dolomiten drohen der Partei erdrutschartige Verluste - von 48 auf 32 Prozent. Die Freiheitlichen könnten auf 24 Prozent ansteigen.

Für die SVP ein Horrorszenario, denn das unter ihrer Beteiligung in Rom ausgehandelte Wahlgesetz gestattet die Wahl von Abgeordneten nur jenen Parteien, die in der Region Trentino-Südtirol mindestens 20 Prozent erreichen. Da die SVP im Trentino kaum mit Unterstützung rechnen kann, muss sie es in Südtirol zur Erreichung dieser Hürde auf 40 Prozent bringen - was sie bisher problemlos schaffte. Bleibt sie darunter, würde sie erstmals keine Abgeordneten in der römischen Kammer stellen - eine neue Variante des "Los von Rom". Dann wäre die Partei endlich gezwungen, über ihre römischen Unsitten nachzudenken. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 15.2.2013)