Auch dieses Telefon war einmal ein paar Jahre lang das modernste seiner Art.

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Denken Sie bitte einmal kurz an Ihr allererstes Handy. Welches Modell und welche Marke war es? Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Sie gerade an ein Nokia-Modell denken. Jahrelang waren die Geräte aus finnischer Manufaktur DAS Synonym für Mobiltelefone, verlässlich, innovativ, praktisch und doch cool genug, um sich nicht dafür schämen zu müssen.

Telefonieren als Nebensache

1996 brachten die Finnen mit dem 9000er, dem sogenannten "Communicator", das erste massentaugliche Business-Smartphone auf den Markt. In weiser Voraussicht investierte die Firma außerdem konstant Millionen in die Erforschung von mobilen Netzwerken, Touchscreen-Technologien und E-Mailprogrammen. Sie erdachten Handys, bei denen das Telefonieren zur Nebensache wird, weil Internetnutzung, Spiele, Location based services und anderes immer mehr Gewicht bekommt.

Und dann kam Apple

2007 hatte Nokia einen mehr als 40-prozentigen Marktanteil am Mobilfunkmarkt. Dann stellte sich Steve Jobs auf eine Bühne und präsentierte das erste iPhone. 2012 waren es etwa 22 Prozent Marktanteil. Der Wert der Aktie fiel von 2007 bis heute von 40 US-Dollar auf 3.

Was ist da passiert? Viele Business Cases nehmen Nokia als Paradebeispiel dafür, wie ein an und für sich innovatives Unternehmen den falschen Weg eingeschlagen und die Innovationskraft und damit die Marktführerschaft verloren hat. Manches sind Management-Fehlentscheidungen, die sich nicht verallgemeinern lassen (Im Fall Nokias die Wahl des Betriebssystems oder gewisse technische Fehleinschätzungen). Aber einige Probleme finden sich immer wieder, bei Unternehmen aus allen Branchen:

Immer wiederkehrende Fehler

1) Marktführerschaft kann arrogant und faul machen. Wer glaubt, sich nicht vor der Konkurrenz fürchten zu müssen, weil "wir ohnehin die besten sind", der läuft sehenden Auges in den Untergang. Gerade aus der Marktführerposition heraus ist Innovation nötig, um weiterhin vorne zu bleiben. Wenn man es genau nimmt, ist es für den Ersten viel schwieriger innovativ zu bleiben als für den Zweiten oder Dritten.

2) Nicht zuzuhören, was der User will, ist tödlich. Nokia unterschätzte das iPhone anfangs komplett. Eine der Geschichten, die heute im Silicon Valley auf und ab erzählt werden, ist die, wie die Finnen das iPhone dem berüchtigten Nokia Falltest unterzogen. Steve Jobs' Erfindung scheiterte kläglich und trug so gut wie immer Schäden davon - während Nokia in der Disziplin "Unzerstörbarkeit" traditionell brillierte. Das Problem war nur: Dem User war die Fragilität des iPhone egal, er wollte es trotzdem. Die Monate, die die Ingenieure bei Nokia darüber verloren, das iPhone zu belächeln, waren spielentscheidend.

3) Der Zeit voraus sein und das nicht erkennen. Nokia erdachte eine Smartphone-Welt, als die Käufer noch nicht so weit waren. Die Nachfrage damals war in Ordnung, aber nicht überwältigend. Folglich traf man nach Apples Markteintritt die Management-Entscheidung, sich wieder auf klassische, einfache Mobiltelefone zu fokussieren - ein, wie man heute weiß, zumindest in den reichen Staaten aussterbendes Marktsegment. "Wir haben das schon versucht, und es war nicht der Renner."

Ein klassisches Dilemma von Innovationen in Unternehmen ist, dass eine Entwicklung zu einem bestimmten Zeitpunkt scheitern kann - und das dennoch nicht bedeutet, dass sie schlecht war, sondern unter Umständen nur, dass der Zeitpunkt falsch war. Damit umzugehen erfordert Wissens- und Innovationsmanagement und den langen Atem, bestimmte Vorstöße öfter als einmal zu wagen. (Anita Zielina, derStandard.at, 15.2.2013)