Akram Ajlisli.

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Baku/Istanbul - 10.000 Manat hat der Parteichef ausgeschrieben, umgerechnet 9500 Euro für denjenigen, der ihm das Ohr des Schriftstellers Akram Ajlisli bringt. "Die Strafe ist klein", sagt Hafiz Hajijew, und wer sie exekutiert, weiß der Vorsitzende der regimetreuen Modernen Partei der Gleichheit in Aserbaidschan auch schon. "Dieser Beschluss muss von den Mitgliedern der Jugendorganisation der Partei umgesetzt werden", erklärte der Politiker zu Wochenbeginn. Die seit Tagen dauernde Hatz auf den einst gefeierten "Volksdichter" Ajlisli hat damit einen neuen Höhepunkt erreicht. Sein "Fehler": Der 75-Jährige rüttelt am Feindbild des aserbaidschanischen Staates - dem der Armenier.

Aylisli veröffentlichte vergangenen Dezember in einem russischen Literaturmagazin eine Novelle mit dem Titel Steinerne Träume. Gelesen haben sie wohl die wenigsten in Aserbaidschan, wie der Kommentator Hamid Hamidow meinte. Auch er hat Einwände gegen das kleine Werk. Zu einseitig sei es, zu unbegründet die plötzliche Sehnsucht des Protagonisten Sadaj Sadihli nach dem christlichen Glauben. Wozu nahm Ajlisli dies in die Novelle, fragte Hamidow. "Wollte er damit zeigen, wie großartig die armenische Kirche ist und wie unbedeutend der Islam?"

Ajlisli, der eine lange Karriere als Schriftsteller und Dramatiker in der früheren Sowjetrepublik am Kaspischen Meer hinter sich hat und zuletzt auch Parlamentsabgeordneter der Regierungspartei war, schrieb Das Yuxular ("Steinträume") bereits in den Jahren 2006 und 2007. Er habe angesichts der Propaganda in Aserbaidschan gegen die Armenier einen neuen Denkanstoß geben wollen, sagte er nun in einem Interview.

Pogrome vor 25 Jahren

Schauplatz der Novelle sind Sumgait und die Hauptstadt Baku im Februar 1988, wo es zu Pogromen gegen die damals dort lebenden Armenier kam. Ajlislis Held Sadaj Sadihli versteckt armenische Nachbarn vor den Mordbanden und ist entsetzt über die Brutalität seiner muslimischen Landsleute. Die Gewalt entzündete sich an der Vertreibung der Aserbaidschaner aus der armenischen Enklave Berg-Karabach. Ajlislis Gegner werfen dem Schriftsteller vor, er habe nicht die Mordtaten der Armenier erwähnt.

Aserbaidschans autoritär regierender Staatschef Ilham Alijew hat dem Schriftsteller bereits eine Ehrenpension aberkannt. "Wir müssen öffentlich Hass gegenüber diesen Leuten ausdrücken", sagte Alijews rechte Hand, Ali Hasanow. (Markus Bernath, DER STANDARD, 13.2.2013)