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Amer Hrustanovic: "Für uns Ringer sind die Spiele der Höhepunkt"

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Ringen lieferte die besten Bilder.

 

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Lausanne – Ringen soll aus dem Programm der Olympischen Spiele 2020 gestrichen werden. Diese Empfehlung gab die Exekutivkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Lausanne am Dienstag. Die Entscheidung muss bei der nächsten IOC-Vollversammlung im September in Buenos Aires bestätigt werden. Dieser Schritt gilt jedoch nur noch als Formalakt.

"Es ist ein Schlag ins Gesicht", sagt der derzeit in Ungarn auf Trainingslager weilende Amer Hrustanovic zu derStandard.at. Hrustanovic erreichte in London 2012 das Achtelfinale und bereitet sich für die Spiele von 2016 vor. Für seine Karriere würde es keinen großen Unterschied machen, "aber den trainierenden Kindern wird die Perspektive genommen".

Die Spiele als Höhepunkt

Die Entscheidung kam für Hrustanovic überraschend. Unverständlich sei sie obendrein: "Die Fußballer haben die Champions League, die Weltmeisterschaft, die Liga, denen sind die Spiele doch egal. Für uns Ringer sind sie aber der Höhepunkt." Der für den AC Wals kämpfende Ringer sieht den Sport nun auf einem absteigen Ast: "Natürlich werden traditionsreiche Länder wie Russland oder Aserbaidschan ihre Bemühungen zurückschrauben."

Hrustanovic hebt auch den historischen Wert des Ringens hervor: "Es ist eine der ältesten Sportarten. Und was kommt jetzt nach?" Die Antwort ist freilich noch nicht gegeben. Aber Baseball, Klettern, Karate, Rollschuhsport, Squash, Wakeboarding und Wushu haben Kandidaten-Status.

Chancen auf eine Wiederaufnahme gering

Eben auf diesen Status wird nun auch das Ringen zurückversetzt. Seit den ersten Spielen der Neuzeit im Jahr 1896 im Programm, stehen die Chancen auf eine Wiederaufnahme ab 2024 nun sehr schlecht.

Ringen gehörte bei den Spielen der Antike unter dem Namen "Pale" zum Fünfkampf, war aber auch Einzeldisziplin. Seit den Sommerspielen 2004 ist auch das Ringen der Frauen olympisch, jedoch nur im Freistil. Hier gilt der gesamte Körper als Angriffsfläche, im Griechisch-Römisch (oder Greco) nur der Körper oberhalb der Gürtellinie.

39 Kriterien

Die IOC-Exekutive begründete ihre Empfehlung unter anderem mit den niedrigen Werten, die das Ringen bei einer detaillierten Analyse aller 26 olympischen Sommersportarten bekam. Dabei hatte die Programm-Kommission des IOC insgesamt 39 Kriterien wie TV-Quoten, Zuschauerzahlen, Ticketverkäufe, Verbreitung, Mitgliederzahlen und Attraktivität für Jugendliche, aber auch Engagement im Anti-Doping-Kampf untersucht.

Dafür wird der Moderne Fünfkampf über Rio de Janeiro 2016 hinaus Bestandteil der Sommerspiele bleiben. Neben dieser Disziplin schien vor allem Taekwondo auf der Abschussliste des IOC zu stehen. Erst in zweiter Linie gefährdet schienen Ringen und Badminton, das in London wegen der taktischen Niederlagen einiger Teams einen Eklat provoziert hatte.

18 Wettbewerbe

Am Ende kam die IOC-Programmkommission unter dem Italiener Franco Carraro jedoch zu dem Schluss, dass das 2012 in London noch mit 18 Wettbewerben der Männer (je 7 Freistil und Griechisch-Römisch) und Frauen (4 Freistil-Klassen) vertretene Ringen am wenigsten die Voraussetzung für einen Verbleib im Olympiaprogramm erfülle.

Ganz akzeptieren wollen das die Betroffenen aber noch nicht. "Ringen heißt kämpfen. Und wir werden kämpfen", sagt Anton Marchl zum STANDARD. Der 47-jährige Salzburger war 1992 in Barcelona Olympia-Sechster im griechisch-römischen Ringen der Kasse bis 74 Kilogramm, ist Obmann des österreichischen Rekordmeisters AC Wals und im Verband zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit.

"Der Olympia-Ausschluss wäre der Tod"

Der österreichische Verband hat rund 4000 Mitglieder, viel Tradition und zeigt, wie Marchl versichert, aufsteigende Tendenz. "Der Olympia-Ausschluss wäre der Tod", sagt er und hofft, dass der Nachfolger des scheidenden IOC-Präsidenten Jacques Rogge, der ebenfalls im September gewählt wird, dem Ringen positiv gegenübersteht: "Sonst kann er sich bei den Spielen 2016 in Rio einiges anhören." (APA/sid/pb, derStandard.at/lü, DER STANDARD, 12.2.2013)