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Späte Aufarbeitung im Stift Kremsmünster: Der Großteil der Fälle habe zwischen den Jahren 1970 und 1990 stattgefunden. Ab März durchleuchtet ein Münchner Institut die Vergangenheit des Klosters.

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Linz - Die immer wieder betonte Unwissenheit und das große Bemühen um interne Aufarbeitung im Stift Kremsmünster rund um die Missbrauchsfälle wird immer fragwürdiger. Am Montag luden die Patres zur dritten Pressekonferenz seit Aufkommen der Vorwürfe - die Kernaussagen: Vonseiten des Stifts wurden zahlreiche Maßnahmen gesetzt, ab März beginnt ein unabhängiges Institut für Praxisforschung mit der externen Aufarbeitung, es wurden längst "klosterinterne personelle Konsequenzen gezogen".

Konkret seien drei Patres ihres Amts enthoben worden - der Hauptbeschuldigte Pater A. und zwei weitere. Einer dieser beiden, so bestätigte der Abt am Montag, ist noch heute im Archiv des Stifts tätig. Der zweite Fall ist schon älter: Der Pater, dem schwerer Missbrauch vorgeworfen wurde, ist im Jahr 1972 aus dem Internat abgezogen worden. Trotzdem war er bis Mitte der Achtzigerjahre Lehrer am Gymnasium, sagt Martin Schmidt. Für den ehemaligen Schüler, der nicht Opfer, aber Zeuge von Gewalt wurde, ein Beweis, dass die Schule "keine Berührungsängste mit Pädophilen hatte".

Er spielt damit auf den pädophilen und wegen Mordes verurteilten, mittlerweile verstorbenen Kinder- und Jugendpsychiater Franz Wurst an, der in den Siebzigerjahren in Kremsmünster gearbeitet hat - auch das bestätigte der Abt auf der Pressekonferenz. Damals habe der Kärntner einen guten Ruf genossen, so Pater Bernhard Eckerstorfer, der Pressesprecher des Stifts, seine "Schandtaten" seien erst später bekannt geworden. Es habe allerdings kein Opfer angegeben, von Wurst missbraucht worden zu sein.

Mitwisserschaft

Ein weiterer, inzwischen pensionierter Pater, der im Gerichtsakt, der dem STANDARD vorliegt, von mehreren Opfern der Gewalt bezichtigt wird, hat noch im Oktober 2011 eine Schullandwoche nach Südtirol begleitet. " Nur als Privatperson, er hatte keine pädagogischen Aufgaben", sagt Schuldirektor Wolfgang Leberbauer.

Im Akt wird demselben Pater auch Mitwisserschaft vorgeworfen: Er sei auf den Sommerurlauben, die Pater A. jährlich mit zwei Knaben unternommen habe und bei denen es regelmäßig zu schwerem Missbrauch gekommen sein soll, die Begleitperson gewesen. Ein Opfer im Akt: "Er hat meiner festen Einschätzung nach schon gewusst, was Pater A. mit mir macht. Es ist doch bitte nicht normal, dass sich jemand einen kleinen Buben zum Kartenspielen aufs Zimmer nimmt." Das Verfahren gegen den Pater wurde wegen Verjährung eingestellt.

Das Stift hat insgesamt mehr als 700.000 Euro an Opfer gezahlt. Im Jahr 2010 waren gegen insgesamt zwölf Patres und weltliche Lehrer Ermittlungen aufgenommen worden. Bis auf die gegen Pater A. wurden alle eingestellt, weil die Vorfälle verjährt oder strafrechtlich nicht relevant waren. Diese Woche hätte nun über die Anklage des einzig ausstehenden Falls entschieden werden sollen. Wegen des "medialen Interesses" liege der Akt nun aber vorab noch bei der Oberstaatsanwaltschaft - die ihre Entscheidung nächste Woche bekanntgeben will. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 12.2.2013)