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Foto: Gabriela Beck, Corbis

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Hotels wie das Orbit Inn nehmen es in Palm Springs mit dem Fifties-Outfit ganz genau - rezente Bungalows im Desert-Style erkennt man immerhin noch an den Kakteen.

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Anreise & Unterkunft

Flug von Wien nach Los Angeles im Winter nur mit Zwischenstopp, von dort mit dem Mietauto nach Palm Springs.

Unterkünfte: Rendezvous; Riviera

Stadt-Infos: www.visitpalmsprings.com

Modernism Week: 14.–24. 2. 2013

 

Grafik: DER STANDARD

Mel Haber kennt sie alle. Davon zeugen die zahllosen Schwarz-Weiß-Fotos, die den Inhaber des Ingleside Inn und von Melvyn's Restaurant mit John Travolta, Liza Minnelli und Arnold Schwarzenegger zeigen. "Unsere Gästeliste liest sich wie das Who's who Hollywoods - dabei kann ich nicht mal einen Hamburger braten", verrät der smarte Hotelbesitzer und Selfmade-Gastronom. 1975 entdeckte er das heruntergekommene Anwesen während eines Spaziergangs durch Palm Springs, erwarb es und verhalf ihm wieder zu seinem ursprünglichen Glanz.

Das Ingleside Inn war in den 1940er-Jahren eine Institution. Eine Zimmerreservierung war nicht möglich. Nur wer sich bereits einen Namen gemacht hatte, bekam eine Einladung zum Aufenthalt im begehrten Privatklub - darunter Persönlichkeiten wie Salvador Dalí, Greta Garbo oder Marlon Brando. Allen anderen wurde schlicht beschieden: "There is no room at the Inn."

Zu jener Zeit war Palm Springs, das heuer pompös die Stadtwerdung vor 75 Jahren feiert, ein Sammelbecken der Leinwandgrößen. Der Grund: Das sonnenverwöhnte Refugium mit seinem angenehm trockenen Wüstenklima liegt nur zwei Autostunden von den Hollywood-Filmstudios in Los Angeles entfernt - und befand sich damit gerade noch im erlaubten Radius. Viele Stars hatten nämlich Verträge, die es ihnen untersagten, sich weiter als 100 Meilen, also rund 160 Kilometer, von ihrem Arbeitsplatz wegzubewegen, damit sie jederzeit für Dreharbeiten zur Verfügung standen.

So traf man sich an den Wochenenden am Fuße der San Jacinto Mountains vorzugsweise im berüchtigten Palm Springs Racquet Club, wo für Stammgäste wie Clark Gable und Spencer Tracy mit Namen beschriftete Barhocker bereitstanden und angeblich die Bloody Mary als Muntermacher für verkaterte Brummschädel erfunden wurde. Laut den Memoiren des Hollywood-Fotografen Bruno Bernard posierte hier auch das junge Starlet Norma Jeane Baker am Pool im zweiteiligen Badeanzug. Da seien die Männer auf einmal munter geworden. Insbesondere traf das wohl auf Johnny Hyde zu, in jenen Tagen einer der einflussreichsten Männer im Filmgeschäft, der sich ab 1947 besonders um die Gunst der unbekannten Schönen bemühte - und aus der arbeitslosen Norma Jeane das Sexsymbol Marilyn Monroe machte.

Moderne in der Designwüste

Die Filmgrößen konnten es sich freilich auch leisten, für ihre Winterdomizile die Stars der zeitgenössischen Architekturszene zu engagieren - Albert Frey etwa, Richard Neutra oder William F. Cody. Diese drückten der Stadt ihren Stempel auf mit einem Baustil, der bis heute als Desert Modernism weltweit bekannt ist. Nirgendwo sonst ist die Konzentration dieser flach mit der Wüstenlandschaft verschmelzenden Bauwerke aus Naturstein, Beton, Stahl und Glas größer als in Palm Springs. Im Besucherzentrum der Stadt - mit seinem markanten, keilförmig in den Himmel ragenden Dach selbst eine Sehenswürdigkeit - werden längst Stadtpläne verkauft, auf denen die Anwesen der Promis eingezeichnet sind.

Per Motorroller im Retrodesign begeben sich einige auf Erkundungstour, andere schließen sich wiederum Robert Imber an, der auf seinen Exkursionen die wichtigsten Gebäude und Protagonisten der Mid-Century-Ära vorstellt. "Das hier ist wohl das berühmteste Haus von Palm Springs: das Kaufmann House, 1946 von Richard Neutra erbaut", sagt er und deutet auf eine elegante Komposition zwischen Palmen und Kakteen. Die weißen Dachscheiben liegen nur zum Teil auf den Bruchsteinwänden auf. Sie scheinen deshalb beinahe zu schweben. "In den Achtzigern wohnte hier Barry Manilow. Er hat mit dem Haus wirklich schlimme Dinge angestellt. Sein Nachfolger musste mehrere Millionen in die Sanierung stecken, damit es wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild bekam. Um an die originalen Sandsteine zu kommen, wurde sogar eine Mine in Utah, woher das ursprüngliche Material stammte, noch ein letztes Mal aufgemacht", erzählt Imber.

Die meisten Hollywood-Ikonen haben in der sogenannten Movie Colony gewohnt, einem für Palm Springs typischen Viertel mit ruhigen Straßen und hinter weißen Mauern versteckten Bungalows. "Die Anwohner konnten die Berge hier immer im Blick behalten - wie eine Filmkulisse. Ich erzähle den Leuten manchmal, dass sie gar nicht echt sind", witzelt der Guide, "Kirk Douglas, Lawrence Olivier und Elizabeth Taylor lebten hier, um nur einige zu nennen." Und die Celebritys von heute? "Ach, die. Die mieten sich lieber etwas. Die Zeiten haben sich geändert", weiß Imber.

Tatsächlich haben sich die Zeiten so sehr verändert, dass einige der ehemaligen Promi-Anwesen nun praktisch von jedermann mit dem nötigen Kleingeld als Feriendomizil gemietet werden können. Frank Sinatras Twin Palms Estate mit dem legendären pianoförmigen Pool zum Beispiel, wobei man die zugehörige Legende quasi gleich mitbucht: Immer wenn Ol' Blue Eyes, der Entertainer mit den bemerkenswert blauen Augen, in der Stadt war, soll er eine Flagge mit einer riesigen Jack-Daniels-Flasche darauf gehisst haben. Damit signalisierte er dem Rat Pack - seiner Clique -, dass die Poolparty eröffnet ist.

Im Orbit der Stil- und Filmikonen

Wohl ebenso stilgerecht, aber weniger kostspielig logiert man in Palm Springs in einem der zahlreichen Boutique-Hotels, die wie das Orbit Inn originalgetreu renoviert und im Geist der Mid-Century-Zeit eingerichtet wurden. Im familiär geführten Rendezvous geben die unterschiedlichen Lebensstile der Fifties jedem der zehn Zimmer seinen Namen - folglich wohnt man hier im "Hawaiian Surf", im "Route 66" oder als Reminiszenz an James Dean im Zimmer "Rebel without a Cause". Das in der Nähe des Racquet Clubs gelegene Mira Loma, wie das Rendezvous damals hieß, beherbergte übrigens auch Marilyn Monroe. Ihr Lieblingszimmer: das heutige "Pretty in Pink".

Wer dennoch meint, dass sich das Fifties-Feeling nicht automatisch im pinkfarbigen Liegestuhl am Pool und mit Oldies aus der Jukebox einstellt, kommt im Februar. Während der jährlichen Modernism Week wird die Glanzzeit der Stadt mit Filmvorführungen und Shows ganz im Stil einer großen Hollywood-Illusion rekonstruiert. Sogar Pool-Partys wie beim alten Sinatra gibt es dann für alle und auch eine Menge Cocktailempfänge für nichtgeladene Gäste. Palm Springs befindet sich tatsächlich im Ausnahmezustand, denn die Regel ist hier wie Pastellfarben langsam verblassender Glamour.

Hotels wie das Orbit Inn nehmen es in Palm Springs mit dem Fifties-Outfit ganz genau - rezente Bungalows im Desert-Style erkennt man immerhin noch an den Kakteen. (Gabriela Beck, Rondo, DER STANDARD, 8.2.2013)