Dosiertes Pathos: "Pas de Deux" mit Raimund Hoghe und Takashi Ueno.

Foto: Rosa Frank

Wien - Sein Buckel und seine Körpergröße sind für den Choreografen, Tänzer und Autor Raimund Hoghe keine Behinderungen. Sondern wortlose Argumente, die er auf der Bühne vorbringt. Auch in seinem Stück Pas de Deux, das am Freitag und Samstag vom Tanzquartier Wien gezeigt wird.

Hoghe wurde 1949 in Wuppertal geboren, reüssierte als Autor der Wochenzeitung Die Zeit, publizierte Mitte der 1970er-Jahre sein erstes Buch und arbeitete von 1980 bis 1990 als Dramaturg bei der weltberühmten Choreografin Pina Bausch, die sich damals im Zenith ihrer Laufbahn befand. Seit 1989 produziert Hoghe eigene Arbeiten für die Bühne und das Fernsehen. Bei den Wiener Festwochen 1996 war sein Stück Verdi Prati zu sehen, wiederholt trat er bei Impulstanz und im TQW auf.

Als Leitmotiv für seine Arbeit hat Hoghe, seit er selbst in seinen Stücken auftritt, eine Formulierung von Pier Paolo Pasolini gewählt: "Den Körper in den Kampf werfen." Es ist ein so hartnäckiger wie sensibler Kampf gegen die herrschenden Attraktivitätsklischees und dem damit verbundenen Wertekatalog unserer Gesellschaft. Was auch immer Hoghe mit seiner von japanischer Ästhetik inspirierten, auf das Wichtigste reduzierten Bühne vorbringt: Es ist immer politisch und nie unfreiwillig.

Trotzig weigert sich diese Gesellschaft, ihre ausschließende Verehrung für all den Protz von künstlicher Vitalität und Kurzweil, Virtuosität und Körperelite, dessen hässlichste Fratze während der NS-Zeit sichtbar wurde, aufzugeben. Dagegen argumentiert Hoghe aus einer queeren Perspektive mit der seinen Arbeiten eigenen Schönheit und herausfordernden Zeitökonomie.

In Pas de Deux entwickelt der Künstler zusammen mit Takashi Ueno sein zartrebellisches Universum weiter, und darin hat feine Ironie ebenso Platz wie wohldosiertes Pathos. Hoghe ist alles andere als ein Zyniker, was ihn wohl auch vor der Peinlichkeit des Pessimismus bewahrt. Daher spielt er seinem Publikum ohne Skrupel Audrey Hepburns Moon River und Judy Garlands I love Paris vor. Nicht aus Sentimentalität. Sondern weil Widerstand Schönheit braucht.  (Helmut Ploebst, DER Standard, 8.2.2013)