Grüne Jungs haben's faustdick hinter den Ohren: Foxygen.

Foto: Jagjaguwar

So ein Rhythmus schunkelte in den 1970ern aus jeder Musikbox. In jedem schäbigen Espresso stand so eine Musikmaschine. Mit der seduktiven Kraft von Suzi Quatro, Lobo, Bino oder Smokie versuchten deren Pächter, ihren Gästen ein paar Schillinge zusätzlich aus den Schlaghosen zu ziehen: Dum-da-dum-dum-dum. Dum-da-dum-dum-dum. Auch nach drei Verlängerten und ebenso vielen Sliwowitz konnte man dazu den Kopf wiegen und die Friseurin von nebenan in ihrer Mittagspause anbaggern: "Wüst an Kaffee?" Fragen wird man ja dürfen. Natürlich ging nie etwas, aber zum kläglichen Versuch lief dieser Rhythmus: Dum-da-dum-dum-dum. Im Song "No Destruction" von Foxygen treffen wir ihn nun wieder. Er ist so ekelig wie eingängig und ob seiner Einfachheit im Schlagermilieu eine Million Mal eingesetzt worden. In seiner schmierigen Vertreterart passt er genau zu Foxygen.

So nennt sich ein Duo, dem zeitgenössische Musik nach eigener Auskunft wenig Freude bringt. Stattdessen bezieht man aus der Vergangenheit seine Inspiration. Vorwiegend aus den 1960er- und 1970er-Jahren. Zeitgenossen wie Smokie, Suzi, Bino oder Lobo meinen die beiden zwar nicht, aber die Schamlosigkeit dieses Rhythmus macht sie dennoch zu Verwandten.

Foxygen sind Jonathan Rado und Sam France, zwei Musikfreaks Anfang zwanzig. Sie kennen sich seit der Schule, und seit damals machen sie gemeinsam Musik. Der pubertäre Name Foxygen - foxy heißt schlau, aber auch geil im Sinne von sexy - stammt wenig verwunderlich aus dieser Zeit. Der selbstgestreuten Legende nach gibt es bereits jede Menge Foxygen-Alben, in der offiziellen Rechnung ist das hier verhandelte "We Are The 21st Century Ambassadors Of Peace & Magic" erst das zweite. Schon der Titel deutet eine gewisse hippieske Breitseite an, zu der eine Vorliebe für Psychedelic und Musizieren "under the influence" passt. Halbwegs ins Heute retten die hörbaren Einflüsse einiger hippen Bands: Das Quengelige von Pavement werden die beiden nicht leugnen wollen, das Verstrahlte von Ween ebenso wenig. Die nebenan besprochenen Camper van Beethoven lassen die älteren Hörer grüßen. Ja sogar die verrückten Cramps holen im Titelsong das Glasauge aus dem Martini.

Dennoch überkommt einen hier nicht das Gefühl, mit übertriebenem Eklektizismus und Strebertum konfrontiert zu sein. Das Verfängliche und Infizierende an We Are ... ist die leichtfüßige Übertragung eines als typisch Westcoast schubladisierten Sounds ins Heute. Selbst aus dem Umland von Los Angeles kommend, verstrahlen die beiden Foxys in ihrer Musik ein Easy-does-it-Feeling, das gerne auf das Lebensgefühl in Kali zurückführt wird: das milde Klima, das Meer, die Hügel ... Plus sämtliche popkulturellen Abdrücke in diesem Klischee. Dazu kommt in Spurenelementen Soul, der den entspannten Grundton ebenso würzt wie diverse Ausbrüche aus den eingängigen Sing-alongs. Etwa die Gitarren in Oh Yeah, nachdem Rado ein "Freakout!" ankündigt.

Die Hits des Albums sind jedoch die im Midtempo abhängenden Songs wie Shuggie oder San Francisco. Schon die Songtitel glühen bedeutungsschwanger, und die Umsetzung erfüllt alle Fantasien. Die Golden Gate als Seufzerbrücke. Wie grausam nur von den beiden, so ein Album im Winter zu veröffentlichen - wollte man doch sofort mit einem Käfer-Cabrio an den Strand fahren. (Karl Fluch, Rondo, DER STANDARD, 8.2.2013)