Vea Kaiser hat für ihren Roman "Blasmusikpop" eigens einen österreichisch- bayrischen Dialekt erfunden. 

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Heimat hat in der österreichischen Literatur schon immer eine große Rolle gespielt. Egal, ob als Ort verlogener Pseudoromantik oder - im Antiheimatroman - als Hölle auf Erden, der man dringend entfliehen muss. Eine junge Schriftstellerin hat jetzt in ihrem Debütroman einen ganz anderen Zugang zum Begriff Heimat gefunden:

Vea Kaiser zeichnet in Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam (Kiwi-Verlag) die Bewohner des fiktiven Alpendorfes St. Peter am Anger mit ziemlich viel Sympathie - wenn auch leicht ironischem Unterton. Etwa 500 Einwohner zählt das Kaff im Buch, die 1988 geborene Kaiser wuchs in einer kaum größeren Gemeinde am Rande des Wienerwalds sowie in der Wachau auf. Schon damals fiel Kaiser für ihre ausgeprägte Lust am Formulieren auf - eine Gabe, die sie die 500 Seiten des Buchs locker füllen lässt.

Die Geschichte beginnt 1959, als Berufsschnitzer Johannes Gerlitzen sich einen Bandwurm eingefangen hat. Letzterer motiviert den Jungvater dazu, das Dorf zu verlassen, um Medizin zu studieren. Jahre später kommt er nach St. Peter am Anger zurück, Tochter Ilse ehelicht den fantasiebegabten Alois Irrwein, aus dieser Beziehung stammt Johannes A. Irrwein - der eigentliche Protagonist des Romans.

Johannes wird zum Außenseiter. Er liest Herodot, besucht eine Klosterschule, kehrt später ins Heimatdorf zu den des Hochdeutschen nicht mächtigen "Bergbarbaren" zurück, einen Ort, an dem sich sogar die Kühe fadisieren. Plötzlich aber glaubt Johannes, bloß den Gesichtsausdruck der Wiederkäuer falsch gedeutet zu haben, das Dorfleben wird nun von der Warte eines Ethnologen beschrieben.

Jedes Kapitel leitet Kaiser mit einem Text ein, der im Stile Herodots die Riten der lokalen Bevölkerung und die Chronik des Ortes beschreibt. Dafür hat Kaiser eigens einen österreichisch-bayerischen Kunstdialekt erfunden. Lesung der Autorin, danach Gespräch. (dog, DER STANDARD, 6.2.2013)