Wien - Für seinen Ansatz, dreidimensionale Mikrostrukturen mit darin eingebetteten lebenden Zellen mittels Lasertechnologie aufzubauen, erhält Aleksandr Ovsianikov von der Technischen Universität (TU) Wien einen hoch dotierten EU-Förderpreis. Mit dem rund 1,5 Millionen Euro schweren "Starting Grant" des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) wird der gebürtige Litauer in den kommenden fünf Jahren ein Forschungsteam aufbauen. Erkenntnisse in diesem Bereich könnten etwa die Züchtung von neuem Gewebe ermöglichen oder für die Stammzellenforschung von Interesse sein, hieß es in einer Aussendung der TU.

"Zellen auf einer ebenen Fläche anzusiedeln, ist nicht schwer. Doch solche Zellkulturen benehmen sich anders als Zellen in einer dreidimensionalen Struktur", so Ovsianikov, der seit zwei Jahren an der TU forscht. Für die Biomedizin sei es daher wichtig, Zellen auch in 3D-Strukturen untersuchen zu können. Die "3D-Photografting" genannte Methode macht es möglich, Moleküle und Zellen genau dort einzubauen, wo man sie haben möchte. Ihren Platz bestimmen die Wissenschafter dabei mit einem Speziallaser, der Lichtimpulse im Billiardstel-Sekunden-Bereich aussendet.

Wasserhaltiges Gel als Matrix

Die Forscher gehen von einem bestehenden dreidimensionalen Gerüst, der sogenannten Matrix, aus, dessen Eigenschaften sie in Kombination mit dem Laser gezielt nutzen. Als Matrix fungiert ein wasserhaltiges Gel, auf dem sich fremde Moleküle und Zellen gleichmäßig verteilen können. Außerdem enthält die Flüssigkeit Moleküle, die auf eine ganz bestimmte Weise mit Licht reagieren.

Mit dem Laserstrahl zielen Ovsianikov und seine Kollegen vom Institut für Werkstoffwissenschaften der TU genau auf die Stellen, wo sie die Zellen haben wollen. Das Licht lässt chemische Doppelbindungen brechen. Eine chemische Kettenreaktion führt dann dazu, dass sich die Moleküle zu einem Polymer verbinden. "Dadurch können wir mit extrem hoher Präzision bestimmen, an welchen Stellen sich die Moleküle verkleben sollen und ein festes Netzwerk bilden", erklärte der Forscher. Die anderen Moleküle können dann einfach abgewaschen werden, übrig bleibt nur die gewünschte Struktur.

Ein mögliches Anwendungsgebiet sei die Stammzellenforschung. Man wisse heute, "dass sich Stammzellen je nach Umgebung zu unterschiedlichen Gewebetypen weiterentwickeln können. So entwickeln sie sich etwa auf festerem Untergrund zu Knochenzellen, auf weicherem Untergrund zu Nervenzellen", so der Wissenschafter. In der mittels Laser erzeugten 3D-Struktur könnte man die Steifigkeit des Untergrundes genau bestimmen und so möglicherweise ganz gezielt unterschiedliche Gewebetypen hervorbringen. 

Erneute ERC-Förderung für Physiker Rainer Blatt

Auch der Experimentalphysiker Rainer Blatt (Universität Innsbruck) erhält einen Wissenschaftsförderpreis des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC). Blatt, der bereits 2008 mit einem hoch dotierten "Advanced Grant" des ERC ausgezeichnet wurde, war nun auch in der ERC-Förderschiene "Proof of Concept" erfolgreich, wie aus einer Aussendung des Forschungsrats hervorgeht. Die "Proof of Concept"-Förderung stellt Mittel im Wert von bis zu 150.000 Euro für Forscher zur Verfügung, die bereits einen ERC-Preis erhalten haben. Damit soll die Kluft zwischen Grundlagenforschung und frühen Phasen einer marktfähigen Innovation überbrückt werden.

Die "Proof of Concept"-Förderungen wurden in zwei Runden vergeben. Bei der ersten Vergaberunde im September konnte sich bereits der Demograph Wolfgang Lutz (Wirtschaftsuniversität Wien, Internationales Institut für angewandte Systemanalyse/IIASA, Akademie der Wissenschaften/ÖAW) Mittel dafür sichern, um seine Konzepte in die Praxis zu überführen. In den beiden Runden wurden insgesamt 60 Projekte mit Fördermitteln bedacht. (APA/red, derStandard.at, 05.02.2013)