Joan Barreda als Teil des Husqvarna Rallye Teams bei der letzten Pharaonen Rallye.

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Husqvarna versteht und verstand sich vor allem als Offroad-Marke.

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Asphaltkompetenz wird ebenso bewiesen: die TR650 Strada.

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Eine Zukunft, die sich nun ändern könnte: Husqvarna Concept BAJA von 2012.

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Als 2007 BMW rund 100 Millionen Euro für Husqvarna hinblättert, ist schnell klar, wohin der Weg gehen soll. BMW Motorrad bringt gerade mit der G 450 X eine Hardenduro auf den Markt, die für überraschte Gesichter sorgt. BMW baut aus dem Stand ein konkurrenzfähiges Motorrad im Offroad-Segment - das sie bis jetzt ja eher komfortabel mit der GS beackerten. Mit Husqvarna will das Unternehmen eindeutig ein bisserl Offroad-Kompetenz einkaufen. Eigentlich kein Wunder, denn gleich hinter der Grenze, in Mattighofen, kämpft eine kleine Schmiede in genau diesem Segment.

Nicht immer erfolgreich, 1991 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden und wurde auf neue Beine gestellt. Das neue Motto: "Der Pierer wird‘s schon richten" geht auf, KTM erlebt den zweiten Frühling - bevor es mit dem X-Bow einen unternehmerischen Bauchfleck hinlegt, weil die Wirtschaftskrise der Käuferschicht des KTM-Autos mehr Kopfschmerzen bereitet als ein Silvesterabend und Faschingsdienstag zusammen.

1995 kauft KTM Husaberg, verlegt die Produktion acht Jahre später nach Mattighofen und lässt vorerst die Entwicklungs- und Rennsportabteilung noch in Schweden, wo das Unternehmen Husaberg 1988 von zwei Ingenieuren gegründet wurde, die einfach nicht nach Italien gehen wollten. Dorthin wanderte nämlich die Firma ab, für die sie so lange Zeit arbeiteten: Husqvarna.

Älter als Harley

Husqvarna, 1903 gegründet, ist eine der traditionsreichsten Motorradmarken der Welt - und produzierte bereits drei Monate, bevor Harley-Davidson anfing, Geschichte zu schreiben. Erst holten die Schweden die Motoren von der Insel und bauten bis in die 1930er Jahre Einzylinder von J.A.P., dem damals zweitgrößten europäischen Einbaumotoren-Hersteller, ein. Husqvarna schreibt von 1916 an Renngeschichte - erst im Geländesport, dann in der Motocross-WM, bei den Six Days und zum Schluss auch - bereits unter BMW-Führung - in der Supermoto-WM.

Aber der Reihe nach. Cagiva kauft 1987 die Motorradsparte des Husqvarna-Konzerns - jaja, Fichtenmoped, Nähmaschine, wissma eh - und die Produktion wird nach Varese verlegt. Dort schnupft dann MV Agusta das Unternehmen. MV Agusta macht aber bald selbst den Wanderpokal.

Was macht BMW mit Husqvarna?

Erst als BMW Husqvarna kauft, scheint Ruhe einzukehren. Die potenten Deutschen überstürzen nichts, lassen Husqvarna, wie es scheint, lockere Zügel. Erst als mit der Nuda eine Straßen-Husky gebaut wird und immer mehr Überlegungen dahin gehen, wie BMW die GS 800 als Plattform für weitere Husqvarna-Modelle nutzen kann, fällt der Groschen. BMW nutzt die Offroadkompetenz der Italo-Schweden anscheinend gar nicht so großräumig. Die Gatschhupfer-Offensive unter dem Logo des blau-weißen Propellers bleibt aus. BMW schlägt eine andere Strategie ein, wirft einen Roller auf den Markt, der wie eine kleine Revolution in einem steinalten Segment wirkt.

"Vor dem Hintergrund sich verändernder Motorradmärkte, demographischer Entwicklungen und steigender Umweltanforderungen erweitert BMW Motorrad sein Produktangebot, um zukünftige Wachstumspotentiale zu erschließen. Schwerpunkte der Neuausrichtung liegen im Bereich der urbanen Mobilität und der E-Mobilität. Im Rahmen der Neuausrichtung des Segments wird sich die BMW Group auf den Ausbau und die Ressourcen der Marke BMW Motorrad konzentrieren", heißt es in einer aktuellen Presseaussendung. Was wie eine Politikerrede klingt, lässt sich in einem kurzen Satz wiedergeben. BMW verscherbelt Husqvarna wieder. Die Huskys verkaufen sich nicht so gut, während BMW Motorrad wegen Umsatzzuwächsen freudig im Kreis tanzt.

KTM auf Erfolgskurs kauft Husky

Auf der anderen Seite der Grenze dröhnt es: "Rekordabsatz und -Umsatz 2012". KTM setzte 2012 107.142 Motorräder ab - mehr als 8000 Stück davon, Duke 200, brachte Bajaj in Indien an den Mann. KTM setzt damit 2012 um 32 Prozent mehr Motorräder ab und macht einen Umsatz von mehr als 610 Millionen Euro. Wie viel davon KTM an BMW überweist, will keiner der Partner verraten. Aber der Deal ist besiegelt - er befindet sich jetzt in der Kartell-Anmeldephase: KTM kauft Husqvarna und Pierer will in den nächsten fünf Jahren den Absatz der Marke verdoppeln. Was sonst passieren wird?

Da können wir nur raten. Mit dem Kauf von Husqvarna durch KTM-Eigner Stefan Pierer bzw. dessen Pierer Industrie AG steigt der Innviertler Hersteller in den Olymp der Motorradbauer auf. Keine andere Offroad-Schmiede kann da mehr mit. "Synergieeffekte nutzen" ist jetzt natürlich eine gängiges Schlagwort. Husaberg und Husqvarna werden aber so schnell nicht wieder eine Marke werden - Pierer möchte die Huskys langfristig als eigenständige Marke mit eigenen Händlern bestehen lassen.

Mögliche Neuausrichtung

Aber schauen wir in ein paar Jahren, ob da die einzelnen Marken nicht doch noch neu positioniert werden. Denn neben dem Offroadsport, samt Supermoto, ist ja KTM auch gerne auf der Straße unterwegs: mit den Dukes und der RC8. Husky baut die hochgelobte Nuda und sägt auch nicht nur am Unterholz. Da könnte eine Neuausrichtung der Markenwelten nahe liegen. Ob das sinnvoll ist? Das war doch der X-Bow auch nicht - der jetzt anscheinend doch bald mit Windschutzscheibe und Türen kommt. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 4.2.2012)