Jerusalem/Teheran/Ramallah - Israels Staatspräsident Shimon Peres hat Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Samstag bei einem Treffen erwartungsgemäß mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Als wichtigstes Ziel einer künftigen Regierung unter seiner Führung bezeichnete Netanyahu die Verhinderung einer atomaren Bewaffnung des Iran.

Netanyahu versprach zudem, er werde sich weiter um einen Friedensschluss mit den Palästinensern bemühen. Deren Präsidenten Mahmoud Abbas (Abu Mazen) rief er auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Netanyahu sprach sich zugleich für die Bildung einer möglichst breiten Koalition aus.

Netanyahu erhielt den Auftrag zur Regierungsbildung als Chef des stärksten Blocks in der neuen Knesset (Parlament) und nachdem sich sechs der zwölf Knesset-Fraktionen (82 Mandate) in Konsultationen mit Peres für Netanyahu ausgesprochen hatten. Er hat nun 28 Tage, um eine Koalitionsregierung zu bilden - mit einer möglichen Verlängerung um zwei Wochen.

Schlüsselrolle für Lapid

Netanyahu hatte bei der Parlamentswahl am 22. Jänner mit Likud-Beitenu 31 von 120 Knessetsitzen erobert. Die Zukunftspartei (Yesh Atid) von Yair Lapid kam auf 19 Sitze. Die anderen Parteien schnitten so ab: Arbeitspartei 15 Mandate, die ultrarechte Siedlerpartei Das Jüdische Haus (Habayit Hayehudi) von Naftali Bennet 12, ultraorthodoxe Shas-Partei 11, ultraorthodoxe Partei Vereinigtes Thorajudentum 7, Hatnua-Partei 6, linksliberale Meretz 6, Kadima-Partei 2 und die drei arabischen Parteien zusammen 11 Mandate.

Auch wenn die rechten und ultraorthodoxen Parteien, die Netanyahu bisher stützten, bei den Wahlen so viele Stimmen verloren, dass sie künftig nur noch 61 Abgeordnete stellen, werden ihm die größten Chancen eingeräumt, eine Koalition hinter sich zu bringen und seine dann dritte Amtszeit anzutreten. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Lapid, der mit seiner neugegründeten Zukunftspartei die zweitstärkste Fraktion in der nunmehr 19. Knesset anführt.

Das Bündnis aus Netanyahus rechtskonservativem Likud und der ultranationalistischen Partei Unser Haus Israel zwar stärkste Kraft im Parlament, verlor aber insgesamt elf Mandate. Lapid hatte sich vor und nach der Wahl offen für eine Zusammenarbeit mit Netanyahu gezeigt, falls die Belange des Mittelstands stärker berücksichtigt werden und international sowie mit den Palästinensern eine Politik des Dialogs Priorität erhält. Seitdem spekulieren israelische Medien, der ehemalige TV-Moderator könnte Außen- oder Finanzminister werden. Nach seinem Rückschlag bei der Wahl hatte Netanyahu bereits einen Schwenk zur Mitte angekündigt. Er versicherte zudem, eine "möglichst breite" Koalition bilden zu wollen.

Wie eine derartige Koalition aussehen könnte, dürfte Netanyahu noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Lapids Partei fordert unter anderem eine Einbeziehung der jungen ultraorthodoxen Juden beim Militär-oder Zivildienst - was die ultraorthodoxen Parteien ablehnen. In der Frage der Palästinenserpolitik muss sich Netanyahu zwischen Lapid, der während des Wahlkampfs für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche eintrat, und Bennett, der einen eigenen Palästinenserstaat strikt ablehnt, entscheiden. (APA, 2.2.2013)