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Entstauben und Neues schaffen: Nicht nur in England werden neue Ausbildungsmodellen für hochqualifizierte Berufe diskutiert.

Foto: APA/epa/Anderson

Das Bildungsmonopol der Hochschulen als tertiäre Bildungsanbieter wankt. Von immer mehr Seiten wird, nicht nur in Österreich, eine Öffnung gefordert. So hat Matthew Hancock, britischer Staatssekretär für Weiterbildung, Qualifikation und lebenslanges Lernen, kürzlich mit der Idee aufhorchen lassen, dass auch höher qualifizierte Berufe wie Steuerberater, Rechtsanwalt (Solicitor) oder Controller ganz ohne Hochschulstudium erlernt werden können. Konkreteres dazu gibt es aber noch nicht. An den alternativen Ausbildungsmodellen werde derzeit von der privaten BPP Law School sowie PricewaterhouseCoopers (PwC) gearbeitet. Ab 2014 sollen die ersten hochqualifizierten Lehrberufe möglich sein.

Vorbild für diese neuen Berufsausbildungen sind die deutschen Berufsakademien, die vor allem für höher qualifizierte technische, wirtschaftliche und soziale Berufe praxisnahe Ausbildungen ermöglichen. Als Zugangsvoraussetzung ist neben dem Abitur auch der Abschluss eines Ausbildungsvertrags mit einem an der Berufsakademie beteiligten Betrieb erforderlich. Studiert wird nach dem dualen System. Nach Abschluss erhalten Absolventen den Bachelorgrad. Nur manche Berufsakademien stehen auch Studierenden ohne Hochschulreife offen.

Tertiären Sektor öffnen

Auch die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) fordert schon seit längerem die Öffnung des tertiären Bildungssektors. Auch hier soll das zusätzliche Bildungsangebot Berufsakademien heißen. Aber anders als in Deutschland richtet sich, so der Vorschlag der WKO, das Angebot ausschließlich an Lehrabsolventen. In drei berufsbegleitenden Jahren sollen sie sich zum Bachelor Professional qualifizieren können, wobei bereits vorab erworbene Qualifikationen angerechnet werden können und sich so die Studienzeit verkürzen kann. Die Hochschulreife ist dafür nicht erforderlich.

Eine klare Absage dafür kommt von der ÖH. Zwar stehe die ÖH einer Öffnung der Hochschulen für Facharbeiter eindeutig positiv gegenüber. Der Idee einer weiteren Zersplitterung des Sektors durch eine dritte Ausbildungssäule könne aber nichts abgewonnen werden. Um mehr Durchlässigkeit zu erreichen, müsse ein gemeinsamer Hochschulraum ohne soziale Barrieren das Ziel sein, heißt es vonseiten der ÖH.

Weniger Anfänger

Der öffentliche tertiäre Sektor in England steht noch vor weiteren Herausforderungen. Seit Herbst müssen Studierende statt bisher 3290 Pfund bis zu 9000 Pfund (rund 11.000 Euro) pro Studienjahr zahlen. Gleichzeitig wurden die Investitionen drastisch gekürzt. Die Konsequenzen daraus werden jetzt sichtbar. Letzte Woche veröffentlichte das Ucas (Universities & Colleges Admissions Service) die Studienanfängerzahlen der einzelnen Unis. Und hier zeigt sich, dass beispielsweise an der London Metropolitan University 43 Prozent weniger Studienanfänger begonnen haben.

Experten warnen davor, dass bei anhaltendem Rückgang auch öffentliche Universitäten in den Konkurs schlittern könnten. Eine Möglichkeit wäre, weniger gefragte Studienrichtungen einzustellen und nur die wettbewerbsfähigen Bereiche in enger Zusammenarbeit mit anderen Bildungseinrichtungen zu sichern. Private Anbieter stehen in diesem Fall schon in den Startlöchern. (Gudrun Ostermann, DER STANDARD, 2./3.2.2013)