Hört die Signale - im Bild der Sender Schöckl: Radiodirektor Karl Amon will ein zusätzliches Jugendradio. ORS-Chef Michael Wagenhofer plant digitales Antennen-TV mit 40 Kanälen und HD.

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Wien - "Die eigentliche Sensation" hatte wieder keiner gesehen, fand ORF-Radiodirektor Karl Amon: Zur Strategieklausur seiner Stiftungsräte bescheinigte der Radiotest Ö1 und FM4 zwar Hörerverluste. Aber: Erstmals seit fünf Jahren schaffte Ö3 nach stetigem Abwärtstrend einen Prozentpunkt mehr Marktanteil, auch bei der Werbezielgruppe zwischen 14 und 49.

Amon hatte ein Motto für die Räte - er "holt die Jugend zurück": Seit September baut er mit deutschen Beratern das Popradio um: neue Musikfarbe, neuer Claim ("Die beste Musik"), weniger Worte zwischen den Nummern. Um die Werbe-Cashcow des ORF fitter zu machen, investierte man kräftig in Beratung, zwischen einer halben und einer Million werden kolportiert, bei sechsstelligem laufenden Aufwand für Monitoring. Aber: Ö3 bringt gut 60 Millionen Euro aus Werbung im Jahr.

Neues Kinder- und Jugendradio

Die Jungen zurückzuholen war auch Generalthema von Amons Strategiepräsentation: Er will nun mit seinem lange gewälzten Kinder- und vor allem Jugendradio (zwölf bis 16 Jahre) ernstmachen. Der neue Sender solle als reiner Internetkanal oder via Digitalradio, etwa mit einem Pilotversuch in Wien, starten. Projekt zwei: ein Integrationsradio nach Kölner Muster, dort zweisprachig Türkisch/Deutsch. Die Stiftungsräte sollen besonders das Jugendradio positiv aufgenommen haben. Amon will es offenbar über Sponsoren und Hörerclubs wesentlich mitfinanzieren.

"simpliTV" noch im Frühjahr

Mehr Kanäle will auch die ORF-Sendertochter ORS on air bringen, freilich TV: Der Stiftungsrat segnete auch die neue digitale Antennen-Plattform über den Standard DVB-T2 ab. Marke für das Paket von 40 öffentlichen und privaten Sendern, einige in HD, über Antenne und im Vollumfang kostenpflichtig: "simpliTV", das die ORS über eine Tochter mit Kathrein und HB Austria als Partner noch im Frühjahr starten will.

Die Sendertochter liefert nach Infos aus dem Stiftungsrat wieder ein " sehr anständiges Ergebnis" an ORF und Raiffeisen - kolportiert werden nun schon rund 23 Millionen.

WM-Signale aus Brasilien

Gemeinsam mit der deutschen Technikfirma Vidi dürfte die ORS nach Infos aus dem Stiftungsrat auch die TV-Signale der Fußball-WM aus Brasilien produzieren.

Sparprogramm präsentiert

Die ORF-Führung präsentierte ihren Stiftungsräten aber auch ihr Sparprogramm, wenn die Republik nach 2013 keine Gebührenbefreiungen mehr abgilt. 75 Millionen wären dann für 2014 zu sparen, etwa an Filmförderung, Orchester, Spartenkanälen.

Der ORF müsste ohne Refundierung „in allen Bereichen" drastisch sparen, sagt ORF-Chef Alexander Wrabetz.

TV: Zehn Millionen minus

Finanzdirektor Richard Grasl soll im Rat - zu bisherigen Sparvorgaben - etwa zehn Millionen weniger für TV-Produktionen (TV-Budget: bisher rund 350 Millionen) genannt haben, zehn weniger für Verwaltung.

Das Sparszenario ohne Refundierung bezeichnete Stiftungsrat Josef Kirchberger (SPÖ) als „Katastrophe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk". Für die bisher prekär bezahlten freien Mitarbeiter erwarte der Stiftungsrat eine „ordentliche Lösung".

Wrabetz Strategie-Ideen klingen etwa mit zwei weiteren Sparten-Fernsehkanälen weniger sparsam: Einerseits den schon mehrfach ersehnten Kinderkanal, eine Austro-Variante von Kika. Andererseits einen eigenen Spartensender für Regionales. Auch Burgenlands ORF-Direktor Karlheinz Papst sieht mehr Regionales in allen Programmen als Strategie.

Für HBB-TV, Web via Fernsehen quasi, will der ORF Portale für Info, Sport und Wetter.

Im TV-Programm steht nun die Finanzierung zweier Produktionen, hieß es am Rande der Sitzung: für eine fünfte Folge Polt und einen neuen 90-Minüter Kommissar Rex (eine Koproduktion mit Italien und Produzent Jan Mojto). (fid/DER STANDARD, 1.2.2013)