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Tanja Nijmeijer will im Falle eines erfolgreichen Abschlusses der Friedensverhandlungen in Kolumbien bleiben, um eine politische Bewegung aufzubauen

Foto: EPA/ALEJANDRO ERNESTO

Seit Oktober 2012 verhandeln Vertreter der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla über eine Beendigung des seit fast 50 Jahren andauernden Konflikts, der bisher rund 200.000 Todesopfer forderte. Die Gespräche begannen im norwegischen Oslo und wurden dann in Havanna fortgesetzt.

Eine der Unterhändlerinnen auf Guerillaseite ist die 34-jährige Niederländerin Tanja Nijmeijer, die unter den Pseudonymen "Eillen" und "Alexandra" in der Guerilla Karriere machte. In Havanna hatte BBC-Korrespondentin Sarah Rainsford die Gelegenheit, die "holländische Guerillera", die Medienkontakte normalerweise vermeidet, zu interviewen.

Nijmeijer berichtet in dem Gespräch, dass sie erstmals im Jahr 1998 nach Südamerika reiste, um Spanisch zu lernen. Ihren Lebensunterhalt dort finanzierte sie mit Englischstunden. Zuvor habe sie sich nicht mit dem Bürgerkrieg beschäftigt, erst durch Nachrichtensendungen im kolumbianischen Fernsehen, die sie zum Erlernen der Sprache ansah, sei sie auf den Konflikt aufmerksam geworden.

Ihr Spanischlehrer habe sie dann in die Slums von Bogotá mitgenommen und sie in Kontakt mit FARC-Aktivisten gebracht. Damals lebten laut Daten des kolumbianischen Statistischen Zentralamts 45 Prozent der Bevölkerung in Armut. 

Von US-Gericht verurteilt

Als sie vier Jahre später nach Kolumbien zurückkehrte, schloss sie sich der FARC an, die mittlerweile von den USA und der EU als Terrororganisation betrachtet wurde.  Sie nahm an Bombenanschlägen und Angriffen auf Autobusse teil. Ein US-Gericht verurteilte sie wegen ihrer Beteiligung an der Entführung dreier Agenten der US-Antidrogenbhörde DEA zu 60 Jahren Haft.

Nijmeijer besteht im BBC-Interview darauf, dass sie sich nicht dafür entschieden habe, Gewalt anzuwenden: "Ich beschloss, in einem Land politisch tätig zu sein, in dem Politik nun einmal Gewalt beinhaltet", erklärt sie.

Als Beispiel führt sie die Parlamentswahlen im Jahr 1988 an, bei der Kandidaten aus Guerilla und kommunistischer Partei für die neugegründete "Unión Patriótica" (UP) antraten. Im Wahlkampf wurden damals über 2000 UP-Mitglieder ermordet, untern den Opfern waren zwei Präsidentschaftskandidaten und acht Kongressabgeordnete.

Dass auch die Guerilla zahlreiche Menschen getötet hat, bestreitet Nijmeijer nicht: "Nach 48 Jahren Krieg gibt es natürlich Opfer, deswegen verhandeln wir ja über einen Friedensvertrag", sagte sie der BBC.

Streit um Landreform

Die Verhandlungen gehen am Donnerstag in die nächste Runde. Besonders umstritten ist die von der Guerilla geforderte Landreform: während die FARC die Hälfte der ihren Angaben zufolge 40 Millionen Hektar, die derzeit für Viehzucht genutzt werden, unter landlosen Bauern aufteilen will, besteht die Regierung darauf, dass das Recht auf Privateigentum unantastbar sei. Sie will lediglich Ländereien, die aufgegeben oder Drogenbanden abgenommen wurden, aufteilen.

Zudem verlangt die Guerilla, dass ein etwaiges Friedensabkommen von einer verfassungsgebenden Versammlung abgesegnet werden müsse, um auch die kolumbianische Zivilgesellschaft einzubeziehen Die Regierung lehnt dies  aber ab. Präsident Juan Manuel Santos, der sich 2014 der Wiederwahl stellt, will aber über ein mögliches Referendum zu dieser Frage sprechen.

Die Wahrung der Rechte der Opfer des Konflikts auf Wiedergutmachung gehört ebenfalls zur Tagesordnung. Die Regierung verlangt, dass die FARC-Führung Informationen über das Schicksal ihrer Opfer bekannt gibt und öffentlich um Verzeihung für die zahlreichen Angriffe auf die Zivilbevölkerung bittet.

Die FARC erwarten indes eine ähnliche Stellungnahme vom Staat, sie stellen sich als "die ersten Opfer" des Konflikts dar. Letzter Punkt der Agenda ist die Niederlegung der Waffen durch die Rebellen. Dieser Schritt soll aber erst nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen erfolgen. (bed, derStandard.at, 31.1.2013)