Produzent Conny Plank brachte in den 1970er-Jahren den Krautrock zur Elektronik.

Foto: Grönland

Kraftwerk, Neu!, La Düsseldorf, Kluster, Michael Rother, Ash Ra Tempel, Brian Eno, Can, Ultravox, Deutsch-Amerikanische Freundschaft, Devo, ja, sogar die Eurythmics und die etwas aus dem Zusammenhang drängenden Scorpions, obwohl sie damals mit dem ersten Album eh noch nicht die "Winds of change" in die Perestroika pusteten: Conny Plank war in den 1970er- und 1980er-Jahren nicht nur dafür verantwortlich, dass sich im Gefolge der experimentellen psychedelischen Musik der 1960er-Jahre aus dem sogenannten Krautrock eine Musik entwickelte, die über Proponenten wie die elektronischen Gründerväter Neu!, Cluster, Harmonia oder auch Kraftwerk bis in die Gegenwart strahlt und einflussreich ist.

Dank seines Verständnisses vom Produzenten, der im Gegensatz zu heute immer auch und gerade auch Tontechniker und Ingenieur war, stellte er seine Kenntnisse auch immer in den Dienst fremder musikalischer Visionen, ohne den jeweiligen Projekten seinen individuellen Stempel aufzudrücken.

Früher bedeutete Musik zu produzieren, vor allem auch Dienstleistung, Kanalisierung von Ideen und Sounds, Zurechtstutzen, Eindämpfen, zu himmelhohen Soundgebirgen auftürmen oder auf die Essenz reduzieren. Das ist heute lange vergessen. Der deutsche Toningenieur und Produzent Konrad "Conny" Plank (1940-1987) verstand sich, abgesehen von seinen eigenen musikalischen Projekten mit Dieter Moebius oder Mani Neumeier, immer als das gewisse zusätzliche Element, die aus einer guten Produktion möglicherweise eine richtungsweisende macht. Das Endergebnis zählte, der Weg dahin war ein pragmatischer - und er beruhte keinesfalls darauf, dass Musiker ihre Instrumente richtig oder virtuos spielen konnten.

Conny Plank: "Ich mag Synthesizer, wenn sie wie Synthesizer klingen, nicht wie natürliche Instrumente. Wenn du eine Drum Machine in der elektronischen Musik benutzt, ist das okay, aber nicht wenn die Maschine vorgibt, ein Schlagzeuger zu sein." Dieses Verständnis führte zu wegweisenden Produktionen mit Neu!, den legendären deutschen Improvisations- und Repetitions-Krautrockern, auf die sich längst alle von David Bowie bis zu heutigen Tausendschaften von Laptop-Produzenten berufen. Diese haben auch einmal entdeckt, dass es in der Kunst Wiederholungen und einfache Dreiklangszerlegungen gibt, die Akkordwechsel unnötig machen und auch beweisen, dass der einst als "kaltes" Instrument verdammte Synthesizer eine Seele besitzt. Sie wohnt nämlich in den Musikern.

Bis zu seinem frühen Krebstod 1987 im Alter von nur 47 Jahren holte Conny Plank in seinem eigenen, aus heutiger Sicht minimal ausgestatteten Studio in einem Dorf in der Nähe von Köln so intuitiv das Beste aus seiner Kundschaft heraus: "Die Aufgabe des Produzenten, wie ich den Job verstehe, über die Technik hinaus, ist hier eine völlig angst- und vorbehaltsfreie Atmosphäre zu schaffen, den ganz naiven Moment von 'Unschuld' herauszufinden und dann rechtzeitig auf den Knopf zu drücken, damit der Augenblick festgehalten wird. Das ist alles. Alles Übrige kann man lernen, das ist Handwerk."

Auf Herbert Grönemeyers Grönland-Label ist jetzt eine vierteilige Werkschau Conny Planks erschienen. Neben Neu!, DAF oder La Düsseldorf, kann man hier auch Plank als Musiker erleben und Raritäten sowie Remixe seiner Arbeiten hören. Eine wunderbare Geschichtsstunde.   (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 1.2.2013)