Das erste bedeutende Zusammentreffen der Möbelbranche im neuen Jahr ist die Möbelmesse von Köln - Die Veranstaltung war heuer internationaler als je zuvor, die Stimmung bestens - Statt auf revolutionäre Neuerungen setzen die meisten aber auf evolutionäre Qualität - Ein Messerundgang von Thomas Edelmann

Gemeinsam allein
Wie sich heute Luxus und Zerstreutheit verbinden lassen, zeigt das modular aufgebaute Sofaprogramm Yuutu von Eoos für Walter Knoll. Es bietet Einzelsofa, Récamière und eine große Ecklösung mit tiefen Sitzflächen und will damit kompatibel sein für kleine Wohnräume, aber auch großzügige Lofts. Als Sofa gibt Yuutu vor, auf Gemeinsamkeit ausgerichtet zu sein. Zum anderen huldigt es aber mit viel Komfort der Individualität. In Zeiten multioptionaler Mediennutzung - etwa parallel via Fernsehen und Tablet-Computer - eine willkommene Lösung, die sogar individuelle Ablageflächen zu bieten hat. www.walterknoll.de

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Tischlein, streck dich
Mal kompakt, mal einladend großzügig: Der Ausziehtisch Flaye von Team 7 wirkt auf den ersten Blick unspektakulär. Ist er aber nicht. In ihm stecken zwei Patente und etwa 1000 Teile. "Nonstop"-Automatik nennt der Hersteller, was die Entwickler und Team-7-Designer Jacob Strobel in zwei Jahren Arbeit realisiert haben. Eine handwerklich perfekt verarbeitete Dreischichtplatte sorgt für einen verwindungssteifen Aufbau. Die innenliegende Zweigangmechanik des Tisches ermöglicht es, den Tisch mit nur einem Handgriff zu öffnen oder zu schließen, wobei er um einen Meter und bis zu vier Plätze wachsen kann. Die übereinandergelagerten Verlängerungsplatten schwenken dabei heraus. Wahlweise gibt es den Tisch in unterschiedlichen Hölzern, optional kann die Zarge des Tischs mit Leder verkleidet werden. www.team7.at

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Entwicklung
Seit 1972 ist das Profilsystem von Floetotto auf dem Markt. Nach einer wechselvollen Geschichte des Unternehmens übernahm der Familienzweig von Elmar Flötotto die Markenrechte, überarbeitete die Produktpalette und machte das System fit fürs Internetzeitalter. Nachdem das Profilsystem wieder erfolgreich läuft, begann die Zusammenarbeit mit dem Designer Werner Aisslinger. Noch ist das neue, leichte System Add nicht ganz fertiggestellt. Trotzdem entschied man sich, es auf der Messe zu präsentieren. Add basiert auf einem patentierten Kunststoffknoten in Verbindung mit dem bekannten Druckknopf. Ist das System produktionsreif, können daraus Sideboards, Regale und Schreibtische individuell komponiert werden. Front-, Seiten- und Rückwandelemente lassen sich einfach anknöpfen. Die Rahmenkonstruktion besteht - filigraner als beim Profilsystem - aus massiver Eiche. Ergänzende Elemente werden aus lackiertem MDF gefertigt. www.floetotto.de

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Italienisch für Fortgeschrittene
Erstmals präsentierte sich in Köln die 1958 in Mailand gegründete Möbelfirma DePadova. Maddalena De Padova steht mit ihrem Unternehmen für ein breites Verständnis von Design. In den 1950er-Jahren importierte sie skandinavisches, amerikanisches und deutsches Design nach Italien. Designer wie Achille Castiglioni und Vico Magistretti schufen für sie eine Reihe bedeutender Möbel. Nach Köln kam De Padova mit einer Wohnversion des zunächst für den Garten konzipierten Tisches namens Railway von Luca Nicchetto. Die Unterkonstruktion besteht aus Schienen, die unterschiedliche Tischplatten tragen. Der Designer, Jahrgang 1976, gestaltete im Rahmenprogramm der Messe imm cologne Das Haus, eine Vision des offenen, durchgrünten Bungalows, angefüllt keineswegs nur mit eigenen Entwürfen. Doch als zentralen Esstisch, der Küche und Wohnraum miteinander verbindet, wählte Nicchetto den Railway-Tisch aus. www.depadova.it, www.lucanicchetto.com

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Nenn mich Lisi
Unter den weltweit aktiven Möbelherstellern gehört die französische Marke Ligne Roset zu jenen mit einem ausgeprägten Radar für junge Designtalente. Dass europäische Marken nicht nur für internationale Firmen entwerfen, sondern auch von Designern beispielsweise aus Asien gestalten lassen, sollte langsam selbstverständlich sein. Nathan Yong aus Singapur arbeitete nach seinem Designstudium zunächst als Einkäufer, wobei er Fertigungs- und Handwerksbetriebe in einigen asiatischen Ländern kennenlernte. Sein Sofa- und Stuhlprogramm Elisabeth ist bereits das vierte Projekt für Ligne Roset. Die Struktur besteht aus schwarz getönter Buche, die Sitzkissen haben einen Kern aus Polyurethan, die Rückenkissen sind mit Federn in Kammern gefüllt. www.ligneroset.at, www.nathanyongdesign.com

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Aufbaustimmung
Lassen sich Möbelentwürfe aus den historischen Modernisierungsphasen der 1920er- und 1950er-Jahre in die Jetztzeit übertragen? Wenn man Philipp Mainzer und seiner Manufaktur e15 folgt, ja. Bereits zur Mailänder Möbelmesse 2012 hatte er erste Möbel des Frankfurter Architekten und Designers Ferdinand Kramer neu aufgelegt. Nun wächst die Kramer-Kollektion weiter. Die geradlinigen Sofas und Fauteuils FK09 Westhausen und FK10 Weissenhof sind benannt nach bekannten Siedlungsbauten der 1920er-Jahre in Frankfurt und Stuttgart. Am Bau der einen war Kramer beteiligt, in der anderen wurden seine Möbel ausgestellt. Den kleinen stapelbaren Beistelltisch FK12 Fortyforty entwarf Kramer während seines amerikanischen Exils um 1945. Die Einlegeböden aus Stahl oder Marmor lassen sich herausnehmen. Dank konstruktiver Finessen kann sich der Tisch in ein kleines, bis zu fünf Einheiten hohes Regal verwandeln. www.e15.com, www.ferdinand-kramer.org

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Traditionsmoderne
Die bald 125 Jahre alte Tischlerei Böwer in Niedersachsen, die heute vor allem vom luxuriösen Innenausbau für Yachten, Büros und Privathäuser lebt, bildet den Hintergrund einer kleinen Möbelkollektion der Geschwister Anja und Stefan Böwer. 1999 erstmals mit Entwürfen von Konstantin Grcic auf der Kölner Möbelmesse präsentiert, begründete sie inzwischen eine eigene Tradition. Gleich drei Entwürfe steuerte der Kölner Architekt und Designer Eric Degenhardt bei: Container nennen sich gedrechselte kleine Behälter aus Esche, der wandhängende Deskpad ist einer der zierlichsten aktuellen Sekretäre. Die mit schwarzem Leder bezogene Schreibfläche ist ausziehbar. Darunter sind Funktionsfächer - etwa für einen Mehrfachstecker - untergebracht. www.boewer.com

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Kommode in Varianten
In knapp drei Monaten meisterte die traditionsreiche Marke Interlübke ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten und verkündete am ersten Messetag den Neustart. Erst am Vormittag hatte die Gläubigerversammlung zugestimmt. Die Konsequenz: weniger Programme, weniger Mitarbeiter, eine verringerte Betriebsfläche, Fertigung auf Kommission statt teurer Lagerhaltung und ein Unternehmen, das ohne die Pensionslasten aus den goldenen 1970er-Jahren neu beginnen kann. Eine wichtige Rolle für das neue Unternehmen spielt das Kommodensystem cube, das mit neuen Varianten und Einsatzmöglichkeiten aufwartet, die ebenso verspielte wie klassische Konfigurationen ermöglichen oder als Einzelmöbel aufgebaut werden können. So wird cube change künftig stärker wandelbar sein. cube play als schwebendes Wandsystem kann mit den übrigen Versionen cube gap und cube fine kombiniert werden. www.interluebke.de

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Paarlauf für die Burg
Vier von sieben Wohnmöbel-Neuheiten, die Wittmann in Köln zeigte, stammen von Nada Nasrallah und Christian Horner, gemeinsam Soda Designers. Im Rahmen einer Ausschreibung entstand ihr neuer Stuhl für die Ausstattung diverser Konferenzbereiche und Foyers des Wiener Burgtheaters. Der Stuhl sollte exklusiv und zeitlos wirken, ebenso aber auch stapelbar sein. Und miteinander verbinden sollte man die Möbel auch noch können. Nachdem das Burgtheater den neuen Burg-Stuhl präsentierte, bietet Wittmann das Möbel nun auch in einer Serienversion, optional mit Armlehnen sowie verschiedenen Beiztönen oder Lackfarben für die Stuhlbeine, an. www.wittmann.at

(Thomas Edelmann, Rondo, DER STANDARD, 1.2.2013)

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