Nicht aufmucken, aber gewappnet sein - ein buchstäblich bissiger Kommentar von Tomislav Gotovac: "Speak quietly, but always hold a stick by your leg" (1988/97).

Foto: Boris Cvjetanovic / Gal. Stock

Wien - Ein alter Mann kugelt nackt auf einer Decke herum. Er ist um laszive Posen bemüht und präsentiert der Kamera seinen stattlichen Bauch, aber auch alle anderen Teile seines 65-jährigen Körpers auf sehr lustvolle Weise.

In Wien war Tomislav Gotovacs geniales Reenactment eines Pornomagazins (eine Fotoserie von 2002) in der Ausstellung Nackte Männer zu sehen; seine unverklemmte Darstellung des alternden männlichen Körpers gehörte dort definitiv zu den Highlights.

Dass der kroatische Künstler seine Nacktheit von Anfang an in den Dienst gesellschaftspolitischer Aufklärung stellte, macht nun aber auch seine erste Galerieausstellung in Wien deutlich: Versammelt wurden selten gezeigte frühe Arbeiten des Performers und Regisseurs, aber auch Schwarz-Weiß-Fotos aus den 90er-Jahren, in denen ebenfalls sein zumeist nackter Körper im Zentrum steht.

Tomislav Gotovac begann in den 50er-Jahren mit fotografischen Arbeiten und war - wie viele andere Künstler seiner Generation - daran interessiert, Kunst und Leben zusammenzubringen: In Breathing the air (1976) steht er mit luftgeschwellter Brust auf einer Waldlichtung. Die Fotoserie Head (1970) zeigt den Künstler mit wallender Mähne und langem Bart. Nach und nach werden ihm Bart und Haare gestutzt, bis er kahlköpfig ist.

Zu den Wehrdienstdebatten der jüngsten Vergangenheit liefert die Ausstellung aber noch einen weiteren trefflichen Kommentar: Speak quietly, but alyways hold a stick by your leg heißt die Aufnahme, in der Gotovac einen Schlagstock zwischen den Zähnen hält, während ein rosa Symbol auf seinem Penis - Hammer und Sichel - die Pose gelungen unterminiert.

Parallel zu dieser ironischen Demontage von Männlichkeitsmythen hat der Künstler aber auch ein sehr ernstes filmisches OEuvre entwickelt: Präsentiert wird eine Auswahl seiner sehenswerten Experimente, die man zu Recht mit jenen von Hollis Frampton vergleichen kann.

Die jüngere kroatische Künstlergeneration ist aber offensichtlich doch mehr an Gotovacs körperlicher Ausdruckskraft interessiert: Zumindest lässt das die Arbeit Body Scan (2005) von Sandro Ðukic erahnen. 510 Fotografien umfasst sein beeindruckendes Archiv von Gotovacs Posen.  (Christa Benzer, DER STANDARD, 31.1.2013)