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Ein haariges Ansinnen: Innenministerin Mikl-Leitner will Jugendliche künftig schon bei Erstverdacht auf Drogenkonsum Haaranalysen unterziehen - die SPÖ und Suchtexperten reagieren empört.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Um das Land sicherer zu machen, will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nun unter anderem jugendlichen Drogenkonsumenten an die Haare - doch der Koalitionspartner SPÖ und Suchtexperten reagieren auf dieses Ansinnen mit Ablehnung.

Konkret hat Mikl-Leitner im Rahmen der ÖVP-Sicherheitskonferenz am Dienstag Haaranalysen schon bei Drogenerstverdacht gefordert - und zwar im Schnellverfahren, quasi analog zu den Alko-Tests. Dazu hat sie erklärt, dass es beim Kampf gegen den Drogenmissbrauch wichtig sei zu wissen, "in welchem Stadium sich der junge Mensch befindet".

"Leichte Beute"

Wiens Drogenkoordinator Michael Dressel hält dem entgegen, dass Haaranalysen nach jetzigem wissenschaftlichem Stand "kein valides Instrument" seien - und vermutet hinter dem ÖVP-Vorstoß statt Suchtprävention "fragwürdige Motive. Hier scheinen vor allem jugendliche Kiffer das Ziel zu sein. Die sind leichte Beute für die Polizei - damit kann man Anzeigen in die Höhe treiben und das als Erfolg darstellen." Dressel verweist auf eine soeben für die Drogenkoordination erstellte Expertise von Uni-Professor Rainer Schmid. Der Mediziner leitet am Wiener AKH den Bereich für Toxikologie und Medikamentenanalytik am Institut für Labormedizin. In seiner Analyse, die dem Standard vorliegt, ist zu den Haartests zu lesen: "Obwohl die Techniken in den vergangenen zwanzig Jahren schrittweise immer weiter verbessert wurden und die Nachweisempfindlichkeit signifikant gesteigert werden konnte, liegt ein wesentlicher Kritikpunkt weiterhin in der hohen Variabilität der Analyse-Ergebnisse innerhalb eines Labors und zwischen verschiedenen analytischen Labors." Und weiter heißt es in dem Papier: "Über den Zeitpunkt einer (möglichen) Drogeneinnahme und die Frequenz eines Drogenkonsums kann bei dieser Art von Analysen ebenso wenig ausgesagt werden, außer es werden (sehr aufwendige) Segmentanalysen des Haars (Analysen in kleinen Haarabschnitten) durchgeführt, die zu sehr hohen Kosten führen."

Dressel beziffert die Kosten für solche Tests um bis "zehn- bis fünfzigmal" höher als Harntests, vor allem geht es dem Experten aber darum: "Wenn jemand einmal gekifft hat, sagt das noch gar nichts aus. Man darf das nicht bagatellisieren, aber auch nicht kriminalisieren." Er befürchtet mit Maßnahmen, wie sie Mikl-Leitner plant, Rückschritte in der Drogenpolitik "um bis zu 30 Jahre".

Mikl-Leitner selbst qualifizierte es erst unlängst als "alarmierend", dass sich die Anzahl der Drogeneinsteiger bei den 14- bis unter 18-Jährigen von 395 im Jahr 2009 auf 670 im Jahr 2011 beinahe verdoppelt habe. Auch dabei korrigiert Dressel die Ministerin: Bei diesen Zahlen handle es sich nicht um Einsteiger, sondern um Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz.

Auch Alois Stöger (SPÖ) hält von Mikl-Leitners Plan wenig: "Es gibt keinen Anlass, von der jahrelang bewährten Strategie gegen Sucht abzugehen. Ich als Gesundheitsminister und die zuständigen Experten in meinem Haus sowie aus anderen Facheinrichtungen stehen zu dem bisherigen Grundsatz ,Therapie statt Strafe'", sagte der Minister zum Standard. Suchtkranke Menschen bräuchten schlicht und einfach Hilfe. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 31.1.2013)