Die Frage, warum wir Kinder in die Welt setzen, würde ich mittlerweile ungeschminkt wie folgt beantworten: weil wir Egoisten sind. Mit einem eigenen Leben und sehr eigenen Vorstellungen vom Leben. So und so soll es sein. Nicht anders. Kinder müssen da mit unseren Vorstellungen mit, ob sie wollen oder nicht. Aber sie wollen eh. Eine Zeit lang zumindest. Wir sind ja ihre Eltern. Erst dann kommt die Pubertät.

Wenn sich jetzt zwei Eltern, zwei Vorstellungen vom Leben auseinanderdividieren, landen die betroffenen Kinder plötzlich in zwei auseinanderdividierten Leben und immer öfter in zwei unterschiedlichen Kinderzimmern. So eine Halbe-halbe-Regelung, in der die Kinder 50 Prozent bei der Mutter und 50 Prozent beim Vater sind, produziert aber von vielem doppelt so viel: Wohnungsschlüssel, Bonuseltern, Turnsackerln, Wertvorstellungen, iPods, Vorschriften, Wanderschuhe, Karatezeug, Handschuhe, Fiebersäfte, Skibrillen etc.

Im besten Fall auch: doppelt so viel Liebe (immer gut), doppelt so viel Aufmerksamkeit (oft gut, manchmal weniger) und doppelt so viel schlechtes Gewissen (definitiv gar nicht gut) - von den angehörenden Ressource-Menschen eines Patchworks ganz zu schweigen. Deren Zahl verdoppelt sich nämlich auch. Mindestens. Neue Halb-Tanten, Stief-Cousins, Patchwork-Großeltern. Was sich nicht verdoppelt, ist der Zugriff aufs eigene Kind. Der halbiert sich. Dem wird ein bisschen der Riegel vorgeschoben. Denn von den anderen 50 Prozent des Lebens seines Kindes weiß man nur mehr halb so viel.

Dem eigenen Ego gefällt das - erraten! - weniger gut. "Ah, verstehe. Auf der Rückfahrt. Mit dem Freund der Schwester der Freundin vom Papa." Keine Ahnung. Nie gehört. Kenn ich nicht. Die gute Nachricht: Dem Kind geht es gut. Was heißt gut? Bestens. Die schlechte Nachricht: Der Job von Eltern ist es, sich überflüssig zu machen. Zumindest sagt das Paulus Hochgatterer, österreichischer Kinderpsychiater und Schriftsteller, im STANDARD-Familienmagazin "Family" (erscheint wieder am 23. Februar). Also üben wir uns schon ein bisschen darin. Zumindest 50 Prozent der Zeit. Das eigene Ego wird das verkraften. (Mia Eidlhuber, derStandard.at, 27.1.2013)