Bild nicht mehr verfügbar.

Das Kölner St.-Vinzenz-Hospital und eine zweite katholische Klinik verweigerten die Untersuchung eines Vergewaltigungsopfers.

Foto: EPA/HENNING KAISER

In Deutschland fordern immer mehr Politiker, was in Österreich bereits seit dem Jahr 2009 möglich ist: dass Frauen die "Pille danach", die eine unerwünschte Schwangerschaft verhindert, auch ohne Rezept bekommen können. Derzeit müssen sich betroffene Frauen in der Bundesrepublik zunächst an einen Arzt wenden, der das Medikament verschreibt.

"Ich finde eine Beratung sehr wichtig, aber die kann auch in der Apotheke verantwortlich erfolgen. Eine Rezeptpflicht ist meiner Meinung nach dafür nicht notwendig", sagt die Vizevorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Dagmar Ziegler. Auch die Linksfraktion im Bundestag argumentiert, dass die "Pille danach" bereits in 28 europäischen Ländern frei erhältlich sei und dass Deutschland endlich nachziehen müsse.

Ausgelöst wurde die Debatte durch den Fall einer 25-jährigen Frau. Diese wandte sich an den Notdienst im Kölner Stadtteil Nippes, weil sie den Verdacht hatte, vergewaltigt worden zu sein. Sie sei nach einer Party mit Unterleibsschmerzen und benommen auf einer Parkbank aufgewacht und wisse nicht, was passiert sei.

"Pille danach" komme Abtreibung gleich

Die Notärztin mutmaßte, dass jemand die Frau mit K.-o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt hatte. Gemeinsam beschloss man, mögliche Spuren einer Vergewaltigung mithilfe einer gynäkologischen Untersuchung festzustellen. Zwei Kliniken in Köln jedoch verweigerten die Untersuchung.

Es handelt sich dabei um das St.-Vinzenz-Hospital und das Heilig-Geist-Krankenhaus, um zwei katholische Einrichtungen also. Die Begründung für die Abweisung war in beiden Häusern dieselbe: Man wolle die Untersuchung nicht durchführen, denn damit sei ein Beratungsgespräch über eine mögliche Schwangerschaft und deren Abbruch verbunden, zudem auch noch das Verschreiben der "Pille danach" - unvereinbar mit katholischen Grundsätzen, denen zufolge die "Pille danach" einer Abtreibung gleichkommt.

Dies sei im November 2012 in einer "ethischen Stellungnahme zur Notfallkontrazeption bei Patientinnen, die vermutlich Opfer eines Sexualdelikts geworden sind", festgehalten worden.

Kardinal entschuldigt sich

Gynäkologen jedoch betonen, dass durch das Hormon Gestagen der Eisprung verhindert oder verzögert werde. Da kein Ei reif sei, das mit einer Samenzelle verschmelzen könnte, komme es auch zu keiner Schwangerschaft.

Die Empörung war so groß, dass der Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, sich persönlich bei der Frau entschuldigte: "Dieser Vorgang beschämt uns zutiefst, denn er widerspricht unserem christlichen Auftrag und Selbstverständnis. So etwas darf sich auf keinen Fall wiederholen."

Der Chef der Ärztekammer Nordrhein-Westfalen, Rudolf Henke, betont, es sei eindeutig, dass Ärzte in Notfallsituationen eine Behandlungspflicht hätten. Die betroffene Frau fand schließlich in einer dritten Klinik Hilfe. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 25.1.2013)