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Der Raumanzug-Prototyp Aouda.X. Bei einer Simulation im Februar 2013 in der Wüste Marokkos sollen unter anderem auch die Mikroorganismen untersucht werden, die im Inneren des Raumanzugs gedeihen.

Foto: APA/EPA/BARBARA GINDL

Wien/Rabat - Mehr als sechs Monate würde ein Flug zum Mars dauern. Selbst auf einem sauberen Raumschiff würde da eine ganze Menge Schmutzwäsche zusammen kommen. Nach Ansicht von Astrophysiker Gernot Grömer vom Österreichischen Weltraum-Forum (ÖWF) würde sich da das Mitnehmen einer Waschmaschine schon auszahlen. Grömer berichtete am Montagabend bei einer Veranstaltung in Wien über die vielen Herausforderungen, die eine solche Marsreise an die Astronauten stellt - darunter eben auch die Probleme der alltäglichen Hygiene. Bei einem Feldversuch in der marokkanischen Wüste im Februar will das ÖWF die Bedingungen für Astronauten in einem Raumanzug auf dem Mars simulieren und dabei auch zu diesem Thema Erkenntnisse sammeln.

Einwegkleidung für ISS-Astronauten

Ein bemannter Flug von der Erde zum Mars würde 200 Tage dauern, der Rückflug ebenfalls. "Allein die saubere Alltagskleidung für die Astronauten erfordert einiges an Logistik", sagte Grömer. Auf der Internationalen Raumstation ISS wird Einwegkleidung verwendet. "Die schmutzige Kleidung kommt in einen luftdichten Plastiksack und wird mit dem Müll in die Umlaufbahn geschossen, wo dieser beim Wiedereintritt verglüht", erläuterte der Experte. Zwar gäbe es schon einen Waschmaschinen-Prototypen für die Schwerelosigkeit, aber bei den relativ kurzen Distanzen zwischen ISS und Erde sei die Versorgung mit neuer Einwegwäsche ökonomischer. Bei einer mehrjährigen Mission wäre die Waschmaschine klar zu bevorzugen, so Grömer.

Es geht aber nicht nur um die persönliche Hygiene der Astronauten, sondern auch um Gefahren für die Raumfahrer und die Missionsziele. Da eine der Aufgaben einer Mars-Mission die Suche nach Spuren von Leben wäre, müsse darauf geachtet werden, dass Bodenproben nicht durch die Raumfahrer mit biologischem Material von der Erde kontaminiert werden. Dafür gäbe es laut Grömer theoretisch verschiedene Methoden. Die simpelste sei die Reinigung des Raumanzugs von Hand zwischen den Außeneinsätzen. Eine zweite Möglichkeit wäre ein Außenanzug, der an der Außenhülle angedockt ist und so nie in Kontakt mit dem Inneren des Raumschiffs käme. Die dritte Möglichkeit wäre eine spezielle Kunststoffschicht, die vor jedem Einsatz auf die Außenhülle des Raumanzugs gesprüht wird und diesen steril einschließt. "Dies ist momentan noch Science-Fiction", meinte der Astrophysiker.

Mutierende Mikroorganismen schneller resistent

Im Februar will das ÖWF eine einmonatige Mars-Simulation in der Wüste Marokkos durchführen. Drei "Analog-Astronauten" sollen in den Raumanzugsimulatoren "Aouda X" Tätigkeiten ausführen, wie sie auch später auf dem Mars erledigt werden könnten. Insgesamt sind 17 Experimente - auch in Zusammenarbeit mit der NASA und der ESA - geplant.

Im Wüstenversuch will man auch neue Erkenntnisse zur Hygiene im Raumanzug gewinnen. "Ein durchschnittlicher Arbeitseinsatz im Anzug dauert vier bis fünf Stunden und ist von der Anstrengung mit einem Halbmarathon vergleichbar", so Grömer. Da das Innere des Anzugs ein in sich geschlossenes Ökosystem ist, könne man untersuchen, welche Mikroorganismen sich darin bilden. Erkrankungen der Raumfahrer bleiben ein Restrisiko: "Zum einen ist das Immunsystem in der Schwerelosigkeit weniger effizient, zum anderen haben die Mikroorganismen durch die Strahlung im Weltraum eine erhöhte Mutationsrate und werden so schneller resistent." Die Reiseapotheke eines Raumfahrers ähnelt laut Grömer daher einer terrestrischen: "Kopfschmerztablette, Pflaster, Breitbandantibiotika und einige auf jeden Astronauten speziell abgestimmte Medikamente."

Die Infektion der Astronauten mit potenziellen Mars-Keimen sei ein sehr geringes Risiko. Viel größer sei die Gefahr, dass Erd-Keime auf dem Mars Fuß fassen. "Die Mikroorganismen auf der Erde haben jede nur erdenkliche biologische Nische ausgefüllt und Orte bevölkert, die wir noch vor zehn Jahren für absolut steril hielten", so Grömer. "Wir haben sogar Organismen in Kühlbecken von Atomkraftwerken gefunden." (APA/red, derStandard.at, 22.01.2013)