"Runder Tisch" zum Nachsehen auf tvthek.orf.at.

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"Aber in den Postings! Man braucht nur die Postings der Leser dazu lesen!" Thomas Kralik, Verteidiger von Ernst Strasser, erschauderte noch nach der Urteilsverkündung über die Meinung, die über den Verurteilten herrscht. "Sie wissen nicht, worum's geht." In einem eingeschobenen Runden Tisch des ORF über die "Politik im Kriminal" am Montagabend bekam Kralik noch einmal Gelegenheit, seine erwartbare Meinung zum erstinstanzlichen, nicht rechtskräftigen Urteil über den früheren ÖVP-Innenminister und Europapolitiker wegen Bestechlichkeit kundzutun. "Es ist alles schiefgelaufen vonseiten des Gerichts, was schieflaufen kann."

Während die Meinungsträger in den Postings nach dem Urteil zu vier Jahren unbedingter Haft virtuell die Korken knallen ließen und wieder Vertrauen in die heimische Justiz bekundeten, sieht auch Dieter Böhmdorfer den Fehler bei den Medien. Der Anwalt, der einst Jörg Haiders Prozesse führte und später für die FPÖ das Justizressort übernahm und damit ein Ministerkollege Ernst Strassers war, findet, dass eine unter Druck geratene Justiz versucht, es den Medien recht zu machen: "Damit man von den Medien gelobt wird." Böhmdorfer verteidigte zuletzt Uwe Scheuch (FPK) in der "Part of the game"-Affäre.

Für die Debatte vor besagter Volksmeinung glich die Einladung der beiden einschlägigen Interessenträger fast ein wenig skurril. Leute zu finden, die etwas mehr über den Dingen stehen, wäre vielleicht nicht so schwer gewesen. Zum Thema Korruption in Österreich gibt es genug zu sagen. Der Erkenntnisgewinn nach Wiederholung der Schuldzuweisung gegen "die Medien" durch die Verteidiger zweier Angeklagter hält sich in Grenzen. (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 16.1.2013)