Wien - Der Wiener Experimentalphysiker Anton Zeilinger hat unter den Teilnehmern der 2011 von ihm organisierten Konferenz "Quantum Physics and the Nature of Reality" eine Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Befragung zur Interpretation der grundlegenden Bausteine der Quantentheorie wurden nun veröffentlicht und zeigen, dass sich die Erwartungen auch in der Fachwelt allmählich geändert haben.

"Unsere Umfrage ist sicher nicht repräsentativ für die gesamte Community. Aber als Momentaufnahme enthält sie interessante und teilweise überraschende Informationen", schreiben Zeilinger und seine Co-Autoren in der Arbeit. Sie haben die Fragebögen von 33 Konferenz-Teilnehmern ausgewertet, wobei sich der Großteil davon als Physiker deklarierten, vertreten waren aber auch Philosophen und Mathematiker.

Zufall als fundamentales Konzept anerkannt

Zeilinger zeigte sich überrascht über die Übereinstimmung in "operativen Punkten" der Quantenmechanik, "zum Beispiel über die fundamentale Rolle des Zufalls in der Quantenphysik, da hätte man vor 20, 30 Jahren noch viel mehr Widerstand gehabt". So stimmten in der Umfrage 64 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass der Zufall ein fundamentales Konzept der Natur ist. Kein einziger Konferenzteilnehmer glaubt an einen versteckten Determinismus, also eine Vorherbestimmtheit des Geschehens.

Auch dass 42 Prozent einen nützlichen Quantencomputer in zehn bis 25 Jahren und weitere 30 Prozent in 25 bis 50 Jahren erwarten, überrascht Zeilinger: "Das ist eine Neuentwicklung, die vor zehn Jahren noch nicht denkbar war." Und er findet es bemerkenswert, dass selbst Leute, die die Quantenmechanik unterschiedlich interpretieren, in diesen Punkten mehrheitlich einer Meinung seien.

Weitere Ergebnisse

In der generellen Interpretation der Quantenmechanik gibt es dagegen keinen Konsens. Das zeigt sich etwa in den Antworten auf die Frage, ob denn die Eigenschaften eines physikalischen Objekts bereits vor der Messung und unabhängig davon "wohl definiert" seien? Hier sagen 52 Prozent, "Ja, in manchen Fällen", 48 Prozent dagegen "Nein".

Albert Einsteins Ansicht über die Quantenmechanik - wohl am stärksten zugespitzt in dem ihm zugeschriebenen Zitat "Gott würfelt nicht" - hielten fast zwei Drittel (64 Prozent) der Konferenzteilnehmer für falsch, kein einziger sagte, sie sei korrekt. Auch Niels Bohrs Sicht halten 27 Prozent für falsch, allerdings sehen 21 Prozent seine Haltung für richtig an, 30 Prozent plädieren dafür, noch abzuwarten. Immerhin halten aber 42 Prozent die von Niels Bohr und Werner Heisenberg entwickelte Kopenhagener Deutung als richtige Interpretation der Quantenmechanik. (APA/red, derStandard.at, 15. 1. 2013)