"Je früher, desto besser", lautet in Niederösterreich die Devise beim Spracherwerb.

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Barbara Schwarz: "Wir bemühen uns sehr um die Kinder mit Migrationshintergrund."

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In Niederösterreich besuchen jährlich rund 48.000 Kinder einen Kindergarten. 8.000 davon sind mehrsprachig beziehungsweise haben Migrationshintergrund. Um diese Kinder beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen, setzt das Land 79 interkulturelle Mitarbeiter ein. Sie sprechen zusammen mehr als 20 Sprachen, darunter Türkisch, Bosnisch, Serbisch und Polnisch, und pilgern von Kindergarten zu Kindergarten, um spezielle Sprachübungen mit den Kindern abzuhalten.

Das Land Niederösterreich setzt seit mehr als zehn Jahren auf diese Methode und zieht nun eine positive Bilanz. "Sowohl Kinder als auch Eltern profitieren", sagt Bildungslandesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) zu derStandard.at. Vor allem die Wertschätzung, die die Migrantenfamilien erhielten, trage viel zum Integrationsprozess bei.

Schwerpunkt im Kindergarten

Die Fördermaßnahme soll nun ausgebaut werden. Im Laufe des Jahres ist geplant, die Zahl der interkulturellen MitarbeiterInnen zu verdoppeln, eine für ihren Einsatz eine maßgeschneiderte Ausbildung erhalten sie schon bisher.

"Je früher man ansetzt, desto besser", sagt Landesrätin Schwarz. "Wir bemühen uns sehr um die Kinder mit Migrationshintergrund. Wir setzen den Schwerpunkt für den Spracherwerb im Kindergarten, weil sich die Kinder da einfach noch leichter tun." Sie lobt die hohe Anzahl an Kindern, die den Kindergarten - in Niederösterreich sind alle drei Jahre gratis - besuchen. "Weit über 90 Prozent" würden das Angebot in Anspruch nehmen.

Deutsch in Vorschule

Einen anderen Ansatz verfolgt Schwarz' Parteikollege, Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz: Er will die Sprachdefizite in der Vorschule beseitigen. In Österreich aufgewachsene Kinder ohne ausreichende Sprachkenntnisse sollten im Rahmen eines Vorschulsystems ein Deutsch-Förderjahr absolvieren, bevor sie den Unterricht in ihrer Stammklasse besuchen können, sagte er im Herbst.

Zu Jahresbeginn wiederholte Kurz seine Forderung, die Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) mit dem Hinweis abgelehnt hatte, dass sie keine Ghettoklassen schaffen wolle. Doch mittlerweile kann sich auch Schmied vorstellen, die Schuleinschreibung an die Überprüfung der Sprachkenntnisse zu koppeln und Vorschulklassen einzurichten.

Niederösterreichs Landesrätin Schwarz sagt: "Die Vorschule ist eine gute Möglichkeit zu sagen, ich gebe mein Kind hin, wenn ich ihm noch ein bisschen Zeit geben will. Kinder sind unterschiedlich schnell in ihrer Entwicklung." Migrantenkinder generell in Vorschulklassen zu stecken lehnt sie jedoch ab: "Die Kinder zu separieren im Sinne von vollkommen trennen würde ich persönlich nicht so sinnvoll finden wie einen gemeinsamen Unterricht mit einem Schwerpunkt für zusätzlichen Deutschunterricht für jene, die ihn noch brauchen."

Kinder würden sich untereinander die Sprache auch vermitteln. "Gleichaltrige haben einen hohen Willen, sich auszutauschen", sagt Schwarz.

Umsetzung schwierig

Die Familienlandesrätin sieht in Niederösterreich die Nachfrage nach eigenen Vorschulklassen aber ohnehin nicht gegeben: "Die Diskussion über ein Vorschuljahr wird uns nicht besonders stark treffen, weil wir die meisten Kinder schon vorher fördern." Bei einer verpflichtenden Umsetzung würde es außerdem Probleme geben, denn es gibt nicht an jedem Schulstandort Vorschulklassen.

Schwarz versteht es, wenn die Bundeshauptstadt hier vor anderen Problemen steht als Niederösterreich: "Natürlich gibt es in Wien mehr Schulen mit Kindern mit Förderbedarf. Da muss man sich natürlich überlegen, wie schaffe ich das frühzeitig." Doch sie ist überzeugt: "Ein schulreifes Kind ist sehr rasch in der Lage, Fehlendes aufzuholen. An der Sprache alleine scheitert die Schullaufbahn nicht." Auch Schulabbrecher seien nicht nur diejenigen, die Deutschdefizite haben. Hier spiele das soziale Umfeld eine große Rolle.

Sprachförderung als Gesamtpaket

Sie appelliert, die Deutsch-Vorschulklassen nur als einen Teil eines gesamten Sprachförderungspaket für Kinder zu sehen. Ihrer Einschätzung nach ist die Position von Sebastian Kurz aber nicht allzu weit entfernt von jener, die sie vertritt. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 11.1.2013)