Die Bewertung des Portfolios.

Grafik: Standard

Salzburg/Wien - Salzburg im Jahr 2010: Aus den ärgsten Turbulenzen rund um die Lehman-Pleite 2008 war man heraußen, und das Land hoffte auf neue Veranlagungsgewinne. Da eskalierte die Staatsschuldenkrise mit ihren Verwerfungen auf den Währungsmärkten. Der Auftrieb von Yen und Franken zog eine neuerliche Blutspur durch das Portfolio. Bei Finanzlandesrat David Brenner (SP) schrillten die Alarmglocken ebenso wie bei den Banken.

Da gibt ein Protokoll über die Sitzung des Beirats, in dem neben Finanzchef Eduard Paulus zwei externe Berater saßen, Aufschluss: Wieder einmal wollten Banker im Beirat vorstellig werden, um die brenzlige Lage zu diskutieren, was bisher von der Finanzabteilung "aber stets abgelehnt wurde. Allerdings hat nunmehr Herr LH-Stv. Mag. Brenner gegenüber JPMorgan einen Besuch in Aussicht gestellt." Zur nächsten Sitzung wurde dann auch noch Barclays eingeladen. Bisher war nur bekannt, dass Brenner deutlich später bei der Deutschen Bank vorstellig geworden ist. Das Institut bewertete nicht nur das Salzburger Portfolio, es entsandte auch regelmäßig einen Vertreter zu den Beiratssitzungen und ist nach wie vor Geschäftspartner bei den Derivaten.

"Klarstellung" des Beirats

Aber nicht nur Brenners Rolle, sondern auch die der beschuldigten Referatsleiterin Monika R. erscheint anhand der dem STANDARD vorliegenden Protokolle zweifelhaft. 2009 war im Sinne der Risikoreduktion beschlossen worden, nur noch in Währungen der sieben größten Industriestaaten (G 7) sowie in Schweizer Franken zu investieren. Kurz darauf tauchten aber Optionen auf den mexikanischen Peso auf, die das von R. geführte Budgetreferat als Absicherungsgeschäft titulierte.

Weshalb im Protokoll vom 20. Februar 2010 folgende "Klarstellung" vorgenommen wurde: "Von den Mitgliedern des Finanzbeirats wird kritisiert, dass es sich bei MXN (mexikanischer Peso, Anm.) um keine G-7-Währung handelt." Deshalb werde das Geschäft "nicht als Absicherungsposition akzeptiert". Diese "Klarstellung" fehlte dann in jener Version, die dem Rechnungshof übergeben wurde. Dienstrechtliche Konsequenzen blieben aus.

Brenner bezeichnet die Beschuldigungen von R. als "bizarre Umkehrung der Wahrheit". "Es gab von mir zu keinem Zeitpunkt Vorgaben, Positionen im Finanzmanagement mit Verlust zu schließen", betont Brenner. Richtig sei aber, dass er mehrfach den Auftrag gegeben habe, das Risiko der Geschäfte zu reduzieren. Das belegen auch weitere Dokumente.

In einer Stellungnahme des Landes zum Rechnungshof-Rohbericht vom März 2009 erklärt Landesamtsdirektor Heinrich Christian Marckhgott, dass bestehende Risiken und Limite deutlich reduziert und Geschäfte abgebaut wurden. Die Erklärung wurde an Rechnungshofpräsident Josef Moser übermittelt und sowohl von David Brenner, Landeshauptfrau Gabi Burgstaller als auch von VP-Chef Wilfried Haslauer unterzeichnet. Über ausdrücklichen Wunsch von Brenner sei ergänzend zu den Richtlinien festgelegt worden, "dass sämtliche Derivatgeschäfte nicht nur durch Absicherungsgeschäfte gedeckt sein müssen, sondern eine weitere Reserve als Risikopuffer verbindlich einzuplanen ist, damit aus den durchgeführten Geschäften keine Belastungen für den Landeshaushalt erwachsen".

Künftige Belastungen

Über den wirtschaftlichen Schaden gibt es nach wie vor keine genauen Angaben. Die Bewertung des Portfolios (siehe Grafik) fand ab Anfang 2009 nach herben Verlusten keinen Eingang mehr in die Protokolle, wie Rainer Stich von der Finanzberatung Collatio kritisiert. Die Schließung aller Geschäfte sei zu keinem Zeitpunkt ins Auge gefasst worden. Dass das Portfolio 150 Millionen Euro wert sei, wie Finanzchef Paulus behauptet, wird massiv bezweifelt. Denn viele riskante Währungstauschgeschäfte wurden in Zinsswaps umgewandelt, die sich wegen der gesunkenen Zinsen deutlich negativ auswirken. Das werde das Land in den nächsten Jahren cashmäßig massiv belasten, meint Finanzexperte Gerald Zmuegg.

Die Hypo Salzburg, deren Aufsichtsrat Haslauer angehörte, ist bei den Geschäften übrigens mit 28 Kontrakten nach Deutscher Bank (37) und Barclays (30) drittgrößter Partner des Landes. (Stefanie Ruep/Andreas Schnauder, DER STANDARD, 11.1.2013)