Der Fiat Freemont durfte die Vierschanzentournee der Skispringer besuchen. Schnee und Eis bewältigte der Mexikaner mit italienischem Pass und amerikanischen Wurzeln ohne Fehl und Tadel

Eines sei gleich vorausgeschickt: So leicht lässt sich der Tester nicht beeindrucken. Weder von den beheizbaren Ledersitzen in der ersten Reihe noch von 170 PS und Allradantrieb, aber auch nicht vom rasend schnellen Umlegen der Rücksitze, das Platz fürs Reisegepäck schafft, frage nicht.

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Das Testziel ist nämlich der Weg. Und wer sich mit einem 54 PS starken und zwölf Jahre alten VW Polo winters bei Schnee und Eis schon einmal erfolgreich nach Cortina d'Ampezzo gekämpft hat, darf die Latte bei einem komfortablen Neuwagen hoch legen.

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Zumal im kleinen Flitzer auch noch zwei Mitfahrer Platz hatten - wie auch noch drei Snowboards und Wintersportgepäck für eine Woche verstaut werden konnten, daran ist, Gott sei Dank, die Erinnerung verblasst. Nicht vergessen ist jedoch der Gipfelsieg mit dreifachem Anlauf auf der letzten Steigung am 2105 Meter hohen Falzarego-Pass.

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Aber zurück zu den beheizbaren Ledersitzen, zurück zum Allrad mit 6-Gang-Automatik und also zurück zum Fiat Freemont 2,0 MultiJet II 170 Urban. Der durfte mit dem STANDARD auch hinaus aufs Land und also zur Vierschanzentournee der Skispringer. Die Teststrecke ab Wien hatte ziemlich viel zu bieten: Nasser Autobahnasphalt auf der West bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, abschnittsweise keine Tempolimits übers große deutsche Eck und Passstraßen mit wilden Kehren.

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Vor allem über den Zirler Berg Richtung Seefeld und weiter zum Neujahrsspringen nach Garmisch-Partenkirchen machte sich der Italiener hervorragend. Regen und dichter Nebel wechselten sich im Minutentakt ab, hinauf zum Seefelder Sattel (1185 m) wurde die Fahrbahn weiß.

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Dank der Bergauf-Wegfahrhilfe machte der Freemont selbst bei Verkehr keine Faxen, und die steile und vereiste Rampe aus der Apartment-Garage bewältigte er rückwärts ohne Rutscher. Dem VW Polo halfen einst nur Anlauf, Reisig und Zuspruch.

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Probleme machte nur der Scheibenwischer: Der kennt nämlich sechs verschiedene Stufen, zwischen extrem langsam über mäßig schnell und Turbospeed war das richtige Intervall bei wechselnden Witterungsbedingungen kaum zu finden. Weniger Auswahl wäre diesbezüglich mehr. Dafür nahm die Automatikschaltung bei 170 PS Entscheidungen bergwärts ab. Ein kurzer Tritt in die Pedale, und der lästige Hintermann ward nicht mehr gesehen.

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Möglich, dass bergauf auch die alten amerikanischen Wurzeln mit dem Fiat durchgingen. Denn der Freemont hieß einmal Journey und stammte aus der Muskelabteilung Dodge des Hauses Chrysler. 2011 wurde Fiat Mehrheitseigentümer beim Autobauer aus Michigan, der in Design und Interieur leicht italianisierte Freemont wird aber wie sein Vorgänger weiterhin in Toluca, Mexiko, gefertigt.

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Und ebendort wurde großer Wert auf Flexibilität gelegt. Sieben Leute lassen sich ins 4,89 Meter lange Auto schlichten, wobei die Personen, die in der dritten Reihe mitfahren, sehr klein sein oder zuvor eine Wette verloren haben sollten. Wird Wert auf einen geräumigen Kofferraum gelegt, so lassen sich die Sitze auch ruckizucki umlegen.

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Und müssen einmal Schränke transportiert werden, schafft der Freemont inklusive umgelegten Beifahrersitzes eine völlig ebene Ladefläche mit 1461 Liter Volumen.

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Wintersportequipment lässt sich aber locker mit nur zwei teilweise umgelegten Reihen transportieren. Der Kofferraum würde sogar ein kleines Skisprungteam mit höchstens vier Personen auf der Reise von Innsbruck nach Bischofshofen packen.

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Fazit: Wer einem Hostel entwachsen ist, hat mit dem vergleichsweise preiswerten Luxushotel Freemont seine Freude. Wer bleibende Geschichten erleben will, der steigt aber besser weiterhin in einer Billigbude ab. (David Krutzler, DER STANDARD, 11.1.2013)

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