Angeblich interessiert sich China für unser Grinzing. Es geht da nicht um Immobilieninvestments reicher Chinesen in der Wiener Heurigengegend, sondern um ein Duplikat des Grinzinger Dorfkerns, das irgendwo in China errichtet werden soll.
Eine Kopie des mystischen Hallstatt gibt es im Reich der Mitte ja bereits - ein Wunder eigentlich, dass es nicht schon viel mehr Österreich in der Welt gibt. Denn wir haben doch wirklich viel Kopierenswertes zu bieten.
Nehmen wir Kärnten. Ein Duplikat seiner Sümpfe und Seen in weiten Wüsteneien: charmant. Ein kleines Kopierentgelt kassiert - und schon wäre auch die größte Landesschuld Österreichs reduziert. Oder das zweithöchst verschuldete Bundesland, Niederösterreich. Eine Rax- oder Schneeberg-Kopie an die flachen Niederländer, eine Wachau-Kopie an die Wein- und Flusslosen dieser Erde versilbert - und die nächste Bilanz wäre gerettet.
Selbstredend ist auch das Wesen der Österreicher kopierenswürdig, welche Typen gäbe es hierzulande nicht abzukupfern. Ex-Grafen und Ex-Minister, die auf dem Hochseil des Lobbying überm Korruptionsabgrund tänzeln. Politiker, die sich vor politischen Entscheidungen drücken, ihre Beamten mit Steuergeld ins Kasino schicken und hernach auf ihren Sesseln kleben.
Kopiert sie, kopiert Österreich, und vor allem das (Wahl-)Volk, das sich all das gemütlich bieten lässt. (Renate Graber, DER STANDARD, 9.1.2013)