Bild nicht mehr verfügbar.

Zugangsbeschränkungen ein Weihnachtsgeschenk?

Foto: APA/dpa/Friso Gentsch

Betriebswirtin Michaela Schaffhauser-Linzatti.

Foto: privat

In diesem Blog explizierte Wolfgang Weigel aus volkswirtschaftlich fundierter Sicht über Studienplatzbewirtschaftung, Zugangshürden und Studiengebühren - oder wie immer man diesen abzugebenden Beitrag gerade politisch benennt. Er leitete zur Auflösung des Spannungsfeldes zwischen knappen Ressourcen und unbegrenzter Wissensvermittlung ein Gesamtkonzept als Mix aus Studiengebühren, größerer Liberalität auf der Angebotsseite und einem entsprechenden Ausbau des Stipendienwesens ab.

Die anschließende Diskussion der LeserInnen im Forum verdeutlicht die Problematik, dass sowohl BefürworterInnen als auch GegnerInnen nur sehr einseitige Standpunkte gelten lassen. Anstatt die Neugestaltung des österreichischen Hochschulwesens nur durch eine ideologisch gefärbte Brille zu sehen, muss sie in den internationalen Rahmen gestellt werden, in dem sich unsere Universitäten nun einmal bewegen. Dieser Artikel soll weiter Öl ins Feuer gießen, um die Diskussion nicht nur am Köcheln zu halten, sondern vielleicht auch durch eine symbolische Explosion durch verbale Provokation neue Elemente und Ideen hervorzubringen.

Insel der Seligen

Es ist unbestritten, dass es so nicht weitergeht. Die österreichischen Universitäten verkommen am internationalen Parkett immer mehr zu einem Refugium derer, die im Wettbewerb um hochkompetitive Studienplätze den Kürzeren gezogen haben oder sich diesem Wettbewerb gar nicht zu stellen trauten. Die Zeiten, in denen ausländische Studierende österreichische Universitäten aufgrund ihrer hohen Reputation, zum Beispiel in der Medizin, ausgewählt haben, sind großteils vorüber. Wir sind teilweise erst x-te Wahl nach den USA oder Großbritannien, und auch im deutschen Sprachraum haben Deutschland und die Schweiz meist die Nase vorn.

Gute österreichische Studierende flüchten, so sie es sich leisten können, immer mehr ins Ausland; diejenigen, die, warum auch immer, hier bleiben, werden laut jüngster Studien mit geringeren Anfangsgehältern als zum Beispiel Studierende in Deutschland oder der Schweiz bestraft.

Ergebnis sind konsequenterweise überfüllte Studienrichtungen bei stets sinkender Ausbildungsqualität. Auch wenn es viele BildungsaktivistInnen nicht wahrhaben wollen, können auch wir nicht auf der Insel der Seligen mit dem Namen "Freie Bildung für alle" verharren - diese Insel ist bereits längst im Versinken begriffen.

Lösungsansätze

Neuere didaktische Ansätze wie Streaming oder E-Learning unterstützen bei der organisatorischen Bewältigung von Massenlehrveranstaltungen, sind aber keine Maßnahme zur Qualitätssicherung oder gar -steigerung, auch wenn sie notgedrungenermaßen herangezogen werden müssen. Welche politischen Instrumente verbleiben?

Instrument A: Wir stocken die Anzahl der UniversitätslehrerInnen so lange auf, bis wir die Nachfrage an Bildungshunger umfassend bedienen können - ein Wunsch, der seit den Zeiten nach Hertha Firnberg nie wieder in Erfüllung gehen wird.

Instrument B: Wir machen die Matura wieder zu dem, was sie sein sollte, nämlich eine Vorbereitung zum Studium mit bestätigter Reife für ebendieses. Spätestens seit den schlechten Ergebnissen bei der Erhebung der Bildungsstandards in Mathematik (BIFIE) wissen wir, dass die Matura diesen Zweck nicht erfüllt. Außerdem löst die österreichische Matura als Grundlage zur Studienzulassung nicht die Heterogenität internationaler Schulabschlüsse.

Höhere Gebühren

Instrument C: Wir verlangen so hohe Studiengebühren, dass die dann stark sinkende Nachfrage mit dem existierenden Angebot korrespondiert. Dieses in vielen Industrienationen sowie dem Land der besten Universitäten, den USA, als normal angesehene und nicht hinterfragte System scheint zu funktionieren. Diese hierzulande als unsozial geltende Steuerung könnte nur durch ein umfassendes Stipendienwesen abgefedert werden - ist aber konträr zur bisherigen österreichische Politik und von keiner Seite gewünscht.

Instrument D: Man richtet Kontingente für jede Studienrichtung auf Basis des vorhandenen Angebots ein. Doch: Das Angebot an UniversitätslehrerInnen ist historisch gewachsen und richtet sich auch manches Mal an der Forschung aus. Weiters: Wer kennt den Marktbedarf der nächsten Jahre und Jahrzehnte? Die nachteiligen Wirkungen haben wir bereits am Beispiel LehrerInnen und Informatik erlebt.

Sinnvolle Zulassungsprüfungen

Instrument E: Sinnvolle Zulassungsprüfungen und/oder Eingangsphasen übernehmen die Aufgabe der Matura. Die potenziellen Studierenden erfahren viel früher als jetzt, ob sie mit dem gewählten Studium zusammenpassen; die verbleibenden Studierenden erfahren eine wesentlich bessere Betreuung. Der Vergleich mit dem Trichter passt auch hier: Wenn man zu viel hineinschüttet, geht gar nichts mehr. Zulassungsprüfungen und STEOP (oder ähnliche Eingangsphasen) heben diese Blockaden auf. Die viel gescholtene STEOP hat in der Tat die unabdingbare Drop-out-Quote nach vorne verschoben und somit für die Studierenden wertvolle Jahre gebracht, in denen sie nicht lustlos in einem ungeliebten Studium herumhängen, sondern sich neu orientieren können. Die Universitäten haben nach einer zugegebenermaßen oftmals überfüllten STEOP eine bessere Betreuungsqualität in den Kernphasen des Studiums.

Da die Null-Variante, alles zu lassen, wie es ist, wohl nicht mehr geht, stellt Instrument E aus heutiger Sicht die beste Alternative dar. Dies drang bis ins Bundesministerium vor. Es liegt ein Entwurf zu Zulassungsregelungen vor, der allerdings Zulassungsprüfungen mit Kontingentsetzungen vermischt und nur auf besonders stark nachgefragte Studienfelder angewandt werden soll. Dieser Entwurf ist noch lange nicht ausgegoren: Er definiert willkürliche Studienfelder und reißt inhaltlich nahe beieinanderliegende Fächer auseinander, er setzt Kontingente, die die Anzahl der Studierenden weiter erhöhen würden, und enthält weitere Pferdefüße, die eine sinnvolle Studierendenzulassung eher hintergehen.

Verpackung stimmt

Man kann es nun so sehen: Der neue Entwurf ist ein Weihnachtsgeschenk, aber in dieser Fasson ein ungewolltes. Die Verpackung stimmt, der Inhalt erfreut weniger. Fortsetzung folgt! (Michaela Schaffhauser-Linzatti, derStandard.at, 9.1.2013)