Eine Juwelwespe (r.) macht eine Schabe (l.) zum Zombie und führt sie in ihre Höhle, wo das Opfer einer Wespenlarve als Futter dient. Die Larven töten zuvor die Mikroorganismen der Schabe ab.

Foto: Gudrun Herzner

Die meisten Zombie-Filme sind eher etwas für härtere Gemüter. Was freilich die Juwelwespe mit ihren Opfern anstellt, das übertrifft einige der schrecklicheren Horrorphantasien - dies nur zur Vorwarnung vor dem, was hier im Folgenden zu lesen sein wird.

Die Juwelwespe, die in den tropischen Gebieten Indiens, Afrikas und des pazifischen Raums inklusive Hawaii lebt, hat ihren Namen aus guten Gründen: Die gut zwei Zentimeter großen Tiere besitzen einen blaugrün metallisch glänzenden Körper und auffällig rot gefärbte Schenkel. So schillernd die parasitischen Insekten sind, so einzigartig grausam ist ihr Brutverhalten, für das immerhin Schaben daran glauben müssen.

Die Wespenweibchen, die anders als die Männchen einen Giftstachel besitzen, stechen damit der Amerikanischen Großschabe oder verwandten Kakerlakenarten zunächst einmal höchst gezielt in die Brust, um ihre Vorderbeine zu lähmen. Damit nicht genug, injizieren die Wespen noch Nervengift in einen bestimmten Bereich der Ganglien und lähmt damit den Fluchtreflex der Schabe.

Da die Wespe zu klein ist, um die Schabe zu tragen, wird das willenlose Opfer an einem seiner Fühler zu einer Höhle geführt, das in den folgenden Wochen zu ihrem Sterbeverließ wird. Die Wespe legt dann an einem Bein der Schabe, die wegen der Manipulation an ihrem Nervensystem keinen Ausbruchsversuch unternimmt, ein Ei ab.


Video: Ist die Schade erst einmal zombifiziert, wird sie zur willenlosen Nahrungsquelle der Wespenlarve. (Quelle: Youtube)

Nahrung und Kinderstube

Die geschlüpfte Larve saugt zuerst eine Woche an der Schabe, dringt dann in ihren Leib ein ein und frisst den dann nach und nach von innen her im Laufe einer weiteren Woche auf. Schließlich verpuppt sich die Larve in der Hülle der toten Schabe und schlüpft etwa vier Wochen später.

Da die Zombie-Schabe die einzige Nahrungsquelle und zugleich die Kinderstube vom Wespennachwuchs ist, trifft die Larve in der Schabe besondere Vorsichtsmaßnahmen, wie ein Biologenteam um Gudrun Herzner von der Universität Regensburg herausgefunden hat. Und die Forscher legen im Fachblatt "PNAS" nahe, dass sogar die Medizin etwas dabei lernen könnte.

Schaben sammeln aufgrund ihrer unhygienischen Lebensweise eine Reihe schädlicher Mikroorganismen an und gelten als Überträger zahlreicher Krankheitserreger. Für Tiere, die diese Schaben fressen, besteht daher akute Gefahr einer Lebensmittelvergiftung. Das gilt auch für die Larven der Juwelwespe, die deshalb ein effektives Schutzsystem zur "Frischfleischkontrolle" entwickelt haben.

Sie sondern verschiedene Stoffe aus ihrem Maul ab, um sich so vor gefährlichen Erregern ihres zombifizierten Wirtes zu schützen. Wie Herzner und Kollegen bei Analysen des Sekrets herausfanden, wirkt es quasi als eine Art Breitbandantibiotikum gegen zahlreiche Mikroorganismen. Und das wiederum könnte auch für die medizinische Forschung interessant sein.

Herzer will mit ihren Kollegen jedenfalls weiter am Sekret forschen, um zu klären, ob sich daraus nicht medizinische Anwendungen für den Menschen ergeben könnten. Und wieder einmal fragt man sich erstaunt, wie die Natur auf all diese höchst raffinierten Grausamkeiten gekommen sein mag, von denen sich im konkreten Fall der Mensch - auch im Positiven - womöglich noch etwas abschauen kann. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 09.01.2013)